Royaler Glanz im Welfenreich: Das Schloss Marienburg präsentiert erstmals öffentlich die Krone des Königreichs Hannover. Eine historische Kutsche startet in Richtung London.

Hannover. Mehr royaler Glanz war nie mehr in Hannover, seit Preußen 1866 das kleine Königreich Hannover annektierte und die Welfen ins Exil trieb. Mit zwei spektakulären Veranstaltungen haben in Niedersachsen die Feierlichkeiten zur Erinnerung an die Personalunion begonnen, die vor genau 300 Jahren anfing. 123 Jahre lang ab 1714 waren die damaligen Kurfürsten von Hannover auch die Könige von England. Und vor 200 Jahren auf dem Wiener Kongress schaffte es das Kurfürstentum, zum Königreich aufzusteigen.

Passend zu dieser Entscheidung lud am Mittwochabend Ernst August Prinz von Hannover Hochadel aber auch Repräsentanten von Politik und Gesellschaft auf das Schloss Marienburg vor den Toren von Hannover. Über den akkuraten roten Teppich gelangten so nicht nur der englische Prinz Michael von Kent und die deutsche Fürstin Gloria von Thurn und Taxis, sondern auch der sozialdemokratische Ministerpräsident Stephan Weil und der christdemokratische Landtagspräsident Bernd Busemann zu den Räumen der neuen Ausstellung. Hier zeigen die Welfen erstmals für eher bürgerliche sechs Euro Eintritt die mit Saphiren, Rubinen und Smaragden besetzte Königskrone sowie das Zepter und eine kleinere Brautkrone. Für Museumspädagogen muss die Zusammenstellung der rund 70 Exponate ein Graus sein, aber die Besucher können sich gruseln beim Anblick eines blutigen Nachthemdes aus dem Jahr 1810 – da verübte ein Kammerdiener mit einem Säbel ein Attentat auf den späteren König Ernst August. Eine Schauspielerin spukt während der auf 35 Minuten angelegten Führung als Geist durch neun Räume des Königinnenflügels. Ein Teil der Ausstellung ist in Welfengelb gehalten und natürlich gab es bei dem Empfang für 250 geladene Gäste als Nachtisch auch Welfenspeise (Milch-Vanille-Wein-Creme).

Vor allem aber gibt es seit einigen Jahren ein entspanntes und durch keinerlei Negativschlagzeilen gestörtes Verhältnis zwischen dem erst 30-jährigen Schlossherrn Ernst August Erbprinz von Hannover und den durchweg republikanisch gesinnten Politikern des Landes. Dessen Vater Ernst August von Hannover war 1999 noch vor Beginn des Gottesdienstes zur Amtseinführung der Bischöfin Margot Käßmann empört wieder aus der Marktkirche gestürmt, weil er in der zweiten Reihe sitzen sollte. Sein in London lebender Sohn, dem der Vater vor zehn Jahren die deutschen Besitztümer übergeben hat, gab sich zur Ausstellungseröffnung bescheiden: „Ich empfinde es als riesiges Glück, dass wir unseren Beitrag zum Jubiläum leisten können.“ Da nickte Prinz von Kent, Cousin der britischen Königin Elisabeth II., wohlgefällig.

Niedersachsen kann zudem mit weiteren Gästen aus dem Königshaus rechnen, wenn Mitte Mai das Land Niedersachsen mit Millionenaufwand in die Rückschau auf 300 Jahre Personalunion mit zeitgleichen Ausstellungen in fünf Schlössern und Museen in Hannover und Celle einsteigt. Zu bestaunen sind dann auch Teile der englischen Kronjuwelen. Die Queen hatte sich nach einigem Zögern entschlossen, sie als Leihgabe zur Verfügung zu stellen.

Ob Niedersachsen jetzt im Großbritannien-Fieber ist, wie es die Deutsche Presseagentur umgehend beschwor, sei dahingestellt. Aber einige Hundert Schaulustige gab es in der Innenstadt von Hannover tatsächlich, als am 1. Mai eine historische Kutsche mit einem Schauspieler in der Rolle des Kurfürsten Georg Ludwig von Hannover vierspännig startete. Nachgestellt wird die Krönungsreise, die den Kurfürsten als George I. auf Englands Thron brachte.

Die Hannoversch-Britische Gesellschaft will mit der Kutschfahrt für die kommenden großen Ausstellungen unter dem Titel „Hannovers Herrscher auf Englands Thron 1714–1837“ werben. Möglichst genau ist für die Kutschfahrt der damalige Weg rekonstruiert worden. Die historische Kutsche aber wird nach den ersten Tagen gegen eine moderne Kutsche getauscht – diese ist weniger schwer, deutlich besser gefedert und soll die Reise über Osnabrück und Den Haag bis London bis zum 16. Mai schaffen. Auf britischer Seite wird dann eine Anfang des 19. Jahrhunderts für das Landgestüt in Celle gebaute Kutsche die letzten Kilometer bis zum Ziel St. James Palace in London rollen.

Der Start erfolgte am Gebäude des niedersächsischen Landtages, dem Leineschloss, der wieder aufgebauten ehemaligen Residenz der Kurfürsten. Wer aus dem Leineschloss Richtung Stadt schaut, sieht immer auch das Denkmal der Göttinger Sieben. Das waren sieben Professoren der dortigen Universität, die es im Jahr 1837 wagten, den König zu kritisieren. Unmittelbar nach dem Ende der Personalunion hatte der aus London gekommene Ernst August von Hannover das liberale Staatsgrundgesetz aufgehoben. Weil sie dagegen protestierten, ließ der König sie entlassen und jagte drei von ihnen aus dem Land.