27 der 49 Inselbeamten leben auf dem Festland. Innenminister Andreas Breitner setzt sich jetzt für eine spezielle Zulage ein

Westerland. 800 Euro für eine 45 Quadratmeter große Wohnung in Morsum: Solche Mieten sind auf der Insel Sylt durchaus möglich. Wobei dieser Betrag noch am unteren Ende der Skala liegt, denn Morsum, nicht an der offenen Nordsee gelegen, sondern in der Nähe des Hindenburgdamms, gehört nicht zu den besten Lagen. Für einen jungen Polizeibeamten, der auf Sylt Dienst tun muss, ist auch das schon fast nicht bezahlbar. Rund 1900 Euro verdient er im Monat. 27 Sylter Polizisten, mehr als die Hälfte der insgesamt 49, wohnen deshalb nicht auf der Insel, sondern auf dem Festland. Der Innenminister Andreas Breitner (SPD) fürchtet um die Qualität der Polizeiarbeit. Das Land Schleswig-Holstein prüft deshalb nun, ob die finanziellen Nachteile der Beschäftigung auf einer Nordsee-Insel mithilfe eine Gehaltszulage ausgeglichen werden können.

Dafür zuständig ist die Finanzministerin Monika Heinold (Grüne). „Ziel ist eine lebenspraktische Verbesserung für die betroffenen Beamten“, sagt sie. Ihr gehe es dabei nicht vorrangig um eine „Inselzulage“ beim Gehalt. „Priorität hat bezahlbarer Wohnraum“, sagt sie. Heute beschäftigt sich der Innen- und Rechtsausschuss des Landtags mit diesem Thema.

Auf den Nordfriesischen Inseln und der Insel Helgoland arbeiten insgesamt 271 Landesbeamte, hauptsächlich Lehrer und Polizisten. Auch von den Lehrern pendeln viele: 29 der insgesamt 104 Sylter Pädagogen. Sie verdienen genauso viel wie die Kollegen auf dem Festland, haben aber deutlich höhere Lebenshaltungskosten. Es ist nicht nur die Miete, die ein Loch in die Geldbörse reißt. Nahrungsmittel sind teurer, weil sie erst auf die Inseln gebracht werden müssen. Benzin ist teurer. Jede Fahrt aufs Festland ist zudem mit Fährkosten oder einem teuren Bahntransport verbunden. Das Landesinnenministerium, das sich schon seit Längerem mit diesem Thema beschäftigt, hat 2011 ausgerechnet, dass das Leben auf der Insel bei einem Zweipersonenhaushalt zu monatlichen Mehrkosten zwischen 530 bis 1100 Euro führt. Der Kieler Innenminister Andreas Breitner (SPD) sagt deshalb: „Ich halte eine monatliche Nachteilausgleichzahlung für Landesbedienstete für erforderlich.“ Die deutlich höheren Lebenshaltungs- und Transportkosten und insbesondere der Mangel an bezahlbarem Wohnraum führten dazu, dass die Polizeibeschäftigten ihren Wohnsitz von der Insel Sylt aufs Festland verlegten. Breitner: „Dadurch wird die polizeiliche Versorgung der Insel gefährdet. Eine Tendenz, die sich auch für die übrigen nordfriesischen Inseln und Helgoland abzeichnet.“

Im Gegensatz zum Festland hätten die Landesbediensteten auf den Inseln so gut wie kein „Auswahlermessen“ bezüglich der Anmietung von Wohnraum oder gar Wohneigentum, der Auswahl der Transportmittel zum Festland oder dem Kauf von Produkten. Eine Vergleichbarkeit mit anderen Ballungsräumen auf dem Festland sei weder gegeben noch möglich. Breitner spricht von einem „Alleinstellungsmerkmal“ der Inseln – einer negativen Besonderheit dieser attraktiven Urlaubsregionen. „Nur mit einem Nachteilsausgleich wird es gelingen, qualifizierte Polizeivollzugsbeamte für den Dienst auf den Inseln zu gewinnen, in dem wir ihnen sagen können, dass sie mit dieser Entscheidung keinen signifikanten finanziellen Nachteil erfahren werden“, sagt der Innenminister. Daneben müssten alle Anstrengungen unternommen werden, auf den Inseln bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Die Inselzulage hält er dennoch für einen „unverzichtbaren Bestandteil eines Gesamtkonzeptes“. Mit der Zulage könnten sich die Beamten dort, wo bezahlbarer und attraktiver Wohnraum nicht vorhanden sei, möglicherweise eine kleine Mietwohnung „leisten“.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) unterstützt Breitners Vorstoß. „Wir fordern das schon seit Jahrzehnten“, sagt GdP-Geschäftsführer Karl-Hermann Rehr. „Es wird immer schwieriger, Stellen auf den Inseln neu zu besetzen.“ Auf Helgoland müsse man auch noch hohe Kosten für die Schulausbildung in Kauf nehmen. „Wenn das Kind Abitur machen will, muss man es ins Internat aufs Festland schicken, und das kostet.“ Zwar hat Sylt in den vergangenen Jahren Wohnungsbau betrieben. Doch die Mieten zeigen, dass dies nicht gereicht hat, um das Preisniveau abzusenken. Das Land hat der Insel ein Förderbudget in Höhe von 20Millionen Euro zur Verfügung gestellt, das dieses Jahr ausläuft. Seit 2005 entstanden so 228 Wohneinheiten mit zinsgünstigen Darlehen von rund 15,5 Millionen Euro. Für 2014/2015 ist eine Förderung von weiteren 112 Wohneinheiten geplant. Die Mieten werden für 35 Jahre niedrig gehalten.

Ob damit den Polizisten und Lehrern geholfen ist, bleibt abzuwarten. Auch Gemeindebedienstete brauchen günstigen Wohnraum. Selbst Petra Reiber, Bürgermeisterin der Großgemeinde Sylt, klagte neulich in einem Interview über die hohen Mieten. Ihre Amtszeit endet im April 2015, danach will sie es ruhiger angehen lassen. Aber wo dann wohnen? Nicht auf der Insel, sagte Reiber: „Die kann ich mir nicht mehr leisten.“