Beisitzer in Tangstedter Parteivorstand gibt Überwachung zu. Strafanzeige gestellt

Tangstedt. Je kleiner eine Gemeinde, desto weniger Geheimnisse gibt es. Und wer sich kommunalpolitisch engagiert, also für die Interessen seiner Nachbarn einsetzt, der muss im Prinzip dauerhaft erreichbar sein. So handhabt es auch Klaus Paasch (CDU), seit Februar als Vertreter des erkrankten Holger Criwitz (SPD) amtierender Bürgermeister in Tangstedt (Kreis Stormarn). Seine Telefonnummern hat er online veröffentlicht, und genauso darf jeder der rund 6400 Einwohner seine Adresse erfahren: Dorfstraße 141 b.

Doch ausgerechnet der Ortsvorstand der Christdemokraten zweifelt daran, dass Paaschs Angaben stimmen und dass er tatsächlich ein Tangstedter ist. Diese Voraussetzung muss nämlich erfüllt sein, damit ein Bürger in eine Gemeindevertretung gewählt werden kann, aus deren Reihen wiederum der Bürgermeister kommt.

Vielmehr, so die Anschuldigung, würde der Unternehmer und promovierte Physiker gemeinsam mit seinen erwachsenen Kindern in Norderstedt wohnen, hätte also eine falsche Meldeadresse angegeben. Und weil diese Behauptung zunächst keine Resonanz bei den Behörden fand, haben die einstigen Parteifreunde ein Vorgehen gewählt, dass im Ort Empörung, ungläubiges Staunen, aber gleichermaßen eine gewisse Neugier hervorgerufen hat.

„Offenbar wurden ich und meine Familie über einen langen Zeitraum verfolgt – mindestens zwei Monate“, sagt Klaus Paasch. Stalking bezeichnete man dieses Verhalten umgangssprachlich, strafrechtlich spräche man vom Tatbestand der Nachstellung. Diesen Vorwurf erhebt Paasch konkret gegen den Tangstedter CDU-Vorsitzenden Günter Borcherding sowie die Beisitzer Günter Schöpke und Uwe Koops.

Vor der aktuellen Eskalation war das zuständige Amt Itzstedt Anfang des Jahres auf Initiative von Schöpke und Borcherding aktiv geworden. Das Amt führte eine Kontrolle durch, ein Mitarbeiter besuchte den Bürgermeister daheim. Reiner Lietsch, leitender Beamter, bestätigt: „Wir sind aufgefordert worden, zu überprüfen, ob Herr Dr. Paasch in Tangstedt wohnt. Er wohnt an der Adresse, unter welcher er gemeldet ist.“

Mit dieser Auskunft war die Sache nicht erledigt. Im Gegenteil: Klaus Paasch nennt explizit Schöpke als diejenige Person, die in der Folge ein ausführliches Dossier erstellt hätte über ihn und seine Familie. „Nicht nur das Haus, mein Auto, das Auto meiner Frau und das meiner Kinder wurden aus der Nähe fotografiert, auch unsere Lebensgewohnheiten wurden aufgezeichnet. Sogar Zahlungen meiner Kinder an Dritte sind aufgeführt. Alles mit dem Ziel, dass ich meinen Platz räume.“

Auf der letzten Gemeindevertretersitzung machte er die Vorwürfe und die Existenz eines Dossiers öffentlich. Viele Anwesende reagierten empört. Seine Rede im Rathaus wird in das Protokoll übernommen, ist somit bald für jeden Bürger einsehbar.

Günter Schöpke beharrt dennoch auf seinem Standpunkt. Die Überwachung gibt er freimütig zu. „Es gibt eine lückenlose Dokumentation vom 27. Januar bis 28. März“, sagt er. Dass seine Aufzeichnungen das Amt bisher nicht überzeugt haben, kann er nicht nachvollziehen – vor Kurzem hat er sogar neues Material geschickt.

Mittlerweile hat Klaus Paasch Strafanzeige gestellt gegen Schöpke sowie Borcherding. Kommt es zu einer Verurteilung wegen Stalkings, droht mindestens eine empfindliche Geldstrafe. Und glaubt man Schöpke, ist eine Konfrontation vor Gericht wahrscheinlich. „Ich freue mich auf die Verhandlung.“