Landwirtschaftsminister Robert Habeck erteilt die Genehmigung unter 40 Auflagen. Betrieb war nach Razzia geschlossen worden

Kiel/Bad Bramstedt. Der von den Behörden vorläufig geschlossene Vion-Schlachthof in Bad Bramstedt kann den Betrieb wieder aufnehmen. Das teilte der schleswig-holsteinische Landwirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Donnerstag in Kiel mit. „Vion hat sich sehr bemüht, seine Chancen zu nutzen“, sagte Habeck. Das Unternehmen habe einen Katalog von 40 Maßnahmen vorgelegt, die schnellstmöglich umgesetzt werden sollen. Vermutlich wird ab dem kommenden Montag in Bad Bramstedt wieder geschlachtet werden können. Bad Bramstedts amtierender Bürgermeister Burkhard Müller (CDU) reagierte erleichtert. „Ich begrüße die Entscheidung außerordentlich“, sagte er.

Eine der wichtigsten Maßnahmen ist nach Ansicht des Ministers der Einbau einer neuen Betäubungsanlage. Das soll bis spätestens Juni erfolgen. Solange das nicht geschehen ist, wird das Schlachttempo reduziert: Statt bisher 70 Rinder pro Stunde werden nun nur noch 45 betäubt und getötet.

Auch aufseiten der Behörden wird es Veränderungen geben. Das in die Kritik geratene Kreisveterinäramt bekommt einen Kontrolleur, der der Landrätin direkt unterstellt ist. Der Veterinär Hubertus Bölling wird diese Aufgabe übernehmen. Und das Ministerium will auch selbst Kontrollen vornehmen. „Ein gewisses Misstrauen gegenüber dem Kreisveterinäramt ist angebracht“, formulierte Habeck auf Nachfrage. „An irgendeiner Stelle muss die Informationskette gerissen sein.“

Der Schlachthof gehört dem holländischen Vion-Konzern. Er war nach einer Razzia am 25. Februar gesperrt worden. Unter anderem wurden dort Rinder gefunden, die schon für die Schlachtung vorbereitet waren, obwohl sie wegen einer Krankheit nicht hätten geschlachtet werden dürfen. 74 Rinderköpfe, die im Schlachthof lagerten, wiesen entweder gar keine oder gleich mehrere Einschusslöcher des Bolzenschussgeräts auf. Mit diesem Gerät werden die Tiere betäubt. Vorschrift ist, dass das mit einem Schuss gelingen muss, um den Tieren unnötiges Leid zu ersparen. Auch die Sauberkeit war mangelhaft.

Nach der Razzia leitete die Staatsanwaltschaft Kiel Ermittlungsverfahren wegen möglicher Verstöße gegen das Tierschutzgesetz und das Lebensmittelgesetz ein. Auch der Zoll ermittelt inzwischen – wegen des Verdachts der Schwarzarbeit.

Der Schlachthof in Bad Bramstedt ist der größte in Schleswig-Holstein. Er hat 390 Beschäftigte, darunter viele Leiharbeiter. Der Jahresumsatz liegt angeblich bei 200 Millionen Euro. Vion schaltete nach der Schließung des Schlachthofs zunächst auf stur und behauptete, in Bad Bramstedt sei alles in Ordnung. Per Eilverfahren beim Verwaltungsgericht Schleswig wurde versucht, die Schlachterlaubnis wiederzuerlangen. Heinz Schweer, Direktor Landwirtschaft bei Vion Deutschland, bezifferte die Verluste durch die Sperrung auf fünf Millionen Euro.

Im Landwirtschaftsministerium ließ man sich davon nicht beeindrucken. Im Gegenteil: Habeck wies die Kreisverwaltung Segeberg an, ein Verfahren zum Widerruf der Betriebszulassung einzuleiten. Mit anderen Worten: Vion lief Gefahr, den Schlachthof für immer schließen zu müssen.

Danach war erstmals ein Einlenken zu spüren. Heinz Schweer verkündete vor gut zwei Wochen, dass in Zukunft eine Tierärztin den Betäubungsvorgang mit dem Bolzenschussgerät überwachen solle. Außerdem solle die Schlachtgeschwindigkeit auf 55 Tiere pro Stunde gesenkt werden. Vion werde in diesem Jahr 1,5 Millionen Euro investieren, hieß es außerdem. Lüftungssysteme, Kühltechnik und Hygieneschleusen würden modernisiert, Mitarbeiter zusätzlich geschult.

Die Schließung des Schlachthofs hatte auch die Segeberger Landrätin Jutta Hartwieg in Bedrängnis gebracht. Ihre Amtsperiode geht zu Ende. Am kommenden Donnerstag wählt der Kreistag einen Nachfolger. Hartwieg kandidiert erneut, hat aber starke Konkurrenten. Die Landrätin stellte sich zunächst hinter den Schlachthof und beteuerte, dort sei alles bestens. Bei einem Auftritt vor dem Umweltausschuss des Landtags ruderte sie dann zurück. Die Kreisverwaltung hinterließ dennoch keinen guten Eindruck. Denn die Aufdeckung der Missstände hat Hartwiegs Behörde eher behindert als befördert.

Hartwieg äußerte sich am Donnerstag in einer Presseerklärung: „Durch die verbindlichen Auflagen für den Lebensmittelunternehmer und durch die Intensivierung der Qualitätssicherungsmaßnahmen aufseiten des Lebensmittelunternehmens und der amtlichen Überwachung sehe ich den Tier- und Verbraucherschutz nachhaltig gestärkt.“