Widerstand der Insulaner ist zu stark: Jürgen Rudloff verzichtet auf Gentlemen’s Club in Westerland. Seine Pläne sorgen seit Monaten für heftige Diskussionen auf der Insel.

Sylt. Der „Entspannung suchende Herr“ wird wohl auch in Zukunft ziellos durch Westerland irren: Der Unternehmer Jürgen Rudloff hat laut verschiedenen Medienberichten Abstand von dem Plan genommen, auf der Insel Sylt ein Bordell zu eröffnen. Gentlemen’s Club sollte das Etablissement heißen, eben jene „Entspannung suchende Herren“ sollten dort finden, was sie begehrten. Doch die Sylter begehrten auf: Bürger protestierten, die Parteien meldeten sich zu Wort, die Inselbürgermeisterin Petra Reiber sagte: „Ich werde alles tun, um das zu verhindern.“ Am Dienstag sah sie sich am Ziel ihrer Bemühungen: „Ich habe zwar von Herrn Rudloff noch nichts gehört, aber es wäre wunderbar, wenn er seine Pläne zurückzieht.“

Diese Pläne sorgen seit Monaten für heftige Diskussionen auf der Insel. Der Stuttgarter, der sich gern als Bordellkönig bezeichnen lässt, hat das ehemalige Kino Strandburg in der Strandstraße gepachtet. Für rund 2,5 Millionen Euro wollte er die leer stehenden Räume umbauen lassen. Für das Jahresende war die Eröffnung geplant. Rudloff gehören bereits mehrere Großbordelle, die unter dem Namen Paradise firmieren.

In Westerland hatte er eine kleinere, aber luxuriösere Variante bauen wollen. Es sollte dort eine Zigarrenlounge geben und ein Zimmer, in dem die Kunden arbeiten können, also zum Beispiel am Laptop noch rasch eine Börsentransaktion vornehmen können – bevor sie dann zur Erholung in die Bar wechseln oder eben eines der fünf oder sechs Zimmer aufsuchen, in denen Entspannung besonders großgeschrieben werden sollte. Rudloffs Sprecher Michael Beretin, sagte, Sylt sei deshalb besonders interessant für das Bordellimperium, „weil es eine schöne Gegend ist – und weil es da oben nix gibt“.

Vermutlich auch, weil es „da oben“ eine Menge Kunden geben könnte. Rund 140.000 Menschen halten sich im Sommer auf der Nordseeinsel auf, und nicht alle sind mit der Form von Entspannung zufrieden, die ein Sonnenbad bietet oder ein Sprung ins erfrischende Meerwasser.

Irgendwie lag es deshalb nahe, es mal mit einem Bordell zu versuchen. Rudloff schloss einen Pachtvertrag mit dem Eigentümer des ehemaligen Kinos ab. Rolf Deyhle heißt er. Aus Stuttgart kennt man sich. Deyhle hat im Showgeschäft viel Geld verdient, die Boulevardpresse hat ihn schon vor vielen Jahren zum Musicalkönig gekürt. Von König zu König wurde also vereinbart, die Strandburg zur Hochburg sexueller Dienstleistungen zu machen. Eine Genehmigung hat Rudloff schnell bekommen. So schnell wie noch bei keinem Bauvorhaben, wunderte sich Rudloffs rechte Hand Beretin später. Erst danach ging den Gemeindevertretern und der Bürgermeisterin auf, was sie sich da in den Ort geholt haben. Als der Bordellkönig in einem „Bild“-Interview sogar noch zugab, Kontakte zur Rockergang Hells Angels zu haben, herrschte bei den Syltern Rotlicht(bezirks)alarm. Die Bürgermeisterin ließ öffentlich wissen, dass es auf der Insel für eine solche Einrichtung keinen Bedarf gebe. Und verband dies gleich noch mit einer Ehrenerklärung für alle männlichen Touristen: „Ich kenne meine Urlauber.“ Rudloff drohte sie damit, ihm bei der Schankkonzession für den Club Schwierigkeiten zu machen. Kurz gesagt: Der schönste Puff-Zoff brach los.

Die Gemeindevertreter sammelten Protestmails der Sylter, ließen sich anwaltlich beraten und baten den Musicalkönig Deyhle, dessen Familie in Keitum lebt, um ein Gesprächstermin. Zugleich beantragten sie, die Insel zum Sperrbezirk erklären zu lassen. Zwar ist in einem solchen Bezirk die Errichtung eines Bordells nicht verboten, sondern nur die Straßenprostitution. Außerdem schien die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass die dafür zuständige Kreisverwaltung Nordfriesland diesen Antrag genehmigen würde. Schließlich müsste dafür zunächst einmal nachgewiesen werden, dass Straßenprostitution auf Sylt überhaupt ein Problem darstellt.

Dennoch: Der Sperrbezirksantrag reichte als Drohung offenbar schon aus. Der Bordellkönig macht schlapp und tritt den Rückzug an. „Donnerwetter, das ist eine gute Nachricht“, sagt Gerd Nielsen, der SPD-Fraktionsvorsitzende in der Gemeindevertretung. Er ist sich sicher: „Wir haben aus dieser Sache gelernt. Das passiert uns nicht noch einmal.“

Er fühlt sich immer noch schlecht informiert von der Inselverwaltung. „Uns wurden keine Alternativen vorgestellt, mit einer vernünftigen Beratung wäre das nicht passiert, dass wir das genehmigt hätten.“ Er setzt seine Hoffnung auch auf personelle Veränderungen in der Verwaltung. Seit Dezember haben die Sylter einen neuen Inselbaumeister, Martin Seemann heißt er.

Für Rudloffs Unternehmen ist das Sylter Vorhaben eine kleine Nummer

Dass er wie Deyhle und Rudloff aus Schwaben kommt, muss wirklich ein Zufall sein. Dennoch soll der genehmigungsfreudigen Inselverwaltung mit einem Rahmenplan für die Innenstadt von Westerland ein Riegel vorgeschoben werden. „Das haben wir am vergangenen Montag im Bauausschuss beschlossen“, sagt Gerd Nielsen. In diesem Plan sollen verschiedene Nutzungsarten verboten werden, möglicherweise auch gerade solche, die der Herrenentspannung dienen.

Von Michael Beretin, Rudloffs Sprecher, war am Dienstag keine Auskunft zu bekommen. Für das Bordellunternehmen ist das Sylter Vorhaben ohnehin eine eher kleine Nummer. Im Saarbrücker Stadtteil Burbach bastelt Jürgen Rudloff gerade an seinem fünften Großbordell. Auf 4500 Quadratmetern sollen 70 bis 90 Prostituierte arbeiten. 4,5 Millionen Euro werden dort investiert, die Eröffnung soll spätestens im März sein.