Seit 2006 plant Kiel die Einführung eines digitalen Netzes. Noch immer läuft es nicht störungsfrei. Kosten steigen. Und es gibt da zudem ein kaum behebbares Problem.

Kiel. Abhörsicher ist es, außerdem ist jeder Polizist künftig mit einem Gerät ausgestattet und so ständig erreichbar: Das Digitalfunknetz hat viele Vorteile. Wenn es denn funktionieren würde. Aber auch acht Jahre nach Planungsbeginn klaffen in Schleswig-Holstein immer noch Lücken im Netz. 107 Millionen Euro hat das Land mittlerweile in das System investiert. Innenminister Andreas Breitner (SPD) sagt: „Mit dem Stand von heute sind weder ich noch die Fachleute in der Landespolizei mit der derzeitigen Situation zufrieden. Es gibt noch zu viel größere und kleinere Unzulänglichkeiten.“

Viele dieser Unzulänglichkeiten werden in einem Bericht der Landesregierung aufgelistet. Es ist eine beunruhigende Liste. So gibt es „Unterbrechungen der Funkverbindung durch Starkregen“. Zudem reichen die 158 bisher errichteten Basisstationen offenbar nicht aus, um „die Funkversorgungsgüte zu gewährleisten, die ursprünglich gefordert und berechnet wurde“. 27 dieser Stationen haben kein Sicherungssystem, die Gefahr des Ausfalls ist deshalb relativ hoch. In einigen Gegenden ist der Funkempfang schwierig. Genannt werden die Lübecker Altstadt, St. Peter-Ording (Strandbereich), Teile der Flensburger und der Kieler Innenstadt sowie der Stadtbereich von Pinneberg. Bemängelt werden außerdem eine „schlechte Sprachqualität“ und Probleme beim Funken in Gebäuden.

Bei der Opposition haben die Umstellungsprobleme zu scharfer Kritik geführt. Wolfgang Kubicki, der FDP-Fraktionsvorsitzende, spottete: „Die positive Grundeinstellung des Ministers zu diesem Projekt ist beinahe bewundernswert. Wenn man die Probleme zusammenfasst, bedeutet das: Die Polizisten sollten möglichst nicht bei Regen arbeiten und keine Häuser betreten. Dafür können sich die Beamten dann wenigstens an sonnigen Tagen an der frischen Luft gegenseitig schlecht verstehen.“ Der Landtagsabgeordnete Wolfgang Dudda (Piraten) fühlte sich angesichts der technischen Probleme an „das Niveau von Nordkorea“ erinnert.

Der Innenminister reagierte dünnhäutig: „Weder ich noch meine damit befassten Vorgänger haben oder hatten in ihrem Büro einen Knopf, mit dem bei Druck alles besser wird.“ Breitner wies auf die Vorteile des Systems hin. „So war es den beteiligten Einsatzkräften nach dem brisanten Fußballspiel zwischen Holstein Kiel und Hansa Rostock im Dezember vergangenen Jahres ohne großen Aufwand möglich, die Hamburger Kollegen bei der Gefährdungslage im Hamburger Stadtgebiet zu unterstützen, da die länderübergreifende Kommunikation einwandfrei funktionierte“, sagte er. „Beim Analogfunk wäre das nicht gegangen.“

In der Tat will bei der Polizei niemand zum alten Analogfunk zurück. Das gilt auch für die Gewerkschaft der Polizei (GdP), dem schärfsten Kritiker des „Digifunks“. „Das digitale Funkmodell hat Vorzüge, aber auch Nachteile“, sagt der GdP-Geschäftsführer Karl-Hermann Reher. Die Vorteile neben der Abhörsicherheit: „Man kann Daten austauschen, und die Geräte sind kleiner als die analogen.“ Allerdings sei es einfach nicht hinnehmbar, dass „die Kollegen bei bestimmten Witterungslagen nicht erreichbar“ seien.

In der Stadt Pinneberg stören sich drei Funkmasten gegenseitig

Breitner zeigt sich mittlerweile genervt von solcher Art der Kritik. Die GdP geriere sich „als Kronzeuge einer flächendeckenden Unzufriedenheit“, sagte er. Und empfahl der Gewerkschaft, doch einmal mit ihren Mitgliedern zu reden. Reher konterte: „Wir denken uns keine Probleme aus, wir reagieren auf Hinweise der Kollegen.“ Der Digitalfunk sollte eigentlich schon 2006 eingeführt werden – pünktlich zur Fußballweltmeisterschaft in Deutschland. Davon wurde dann aus unterschiedlichen Gründen Abstand genommen. Im Jahr der WM begannen die Planungen in Schleswig-Holstein. Seit Ende vergangenen Jahres befinden sich alle Polizeidirektionen im digitalen Probebetrieb. Breitner: „Wir testen auf Teufel komm raus, bis alles funktioniert.“ Ende 2014 soll es so weit sein. Die Tests haben unter anderem ergeben, dass die Zahl der Basisstationen nicht ausreicht. 27 weitere sollen errichtet werden. Folge: Die Kosten werden weiter steigen.

In der Stadt Pinneberg sind die Probleme etwas komplizierter. Die dortige Basisstation funkt auf derselben Wellenlänge wie zwei benachbarte Hamburger Stationen. Die Funkgeräte der Polizisten wechseln hin und her, während dieser Einwahlvorgänge können sie nicht benutzt werden. Zur Verbesserung der Situation bedarf es einer Frequenzanpassung durch die Bundesanstalt für Digitalfunk.

Und dann gibt es da noch ein kaum behebbares Problem. „Die immer hoch motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landespolizei sind vor dem Hintergrund der nahezu durchgängig negativen Berichterstattung über ‚ihren‘ Digitalfunk und ‚ihre‘ Leitstellen in den Medien einer besonderen, auch psychischen Belastung ausgesetzt“, heißt es in dem Bericht der Landesregierung. Dazu wollen wir mit diesem Artikel gewiss nicht beitragen. Aber berichten wollen wir dennoch.