Schleswig-Holstein rüstet das Unterrichtsmaterial an den Schulen auf

Kiel. In Schleswig-Holstein steigt die Zahl der Mobbingattacken. „Wir haben immer mehr Anfragen“, sagt Christa Wanzeck-Sielert, beim Lehrerfortbildungsinstitut IQSH zuständig für Präventionsarbeit. Der Anti-Mobbing-Koffer der Techniker Krankenkasse wird deshalb mit neuen Unterrichtsmaterialien zum Mobbing im Internet aufgerüstet. Das Versicherungsunternehmen und die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Waltraud Wende (parteilos) stellten die Materialien am Donnerstag den Medien vor.

Laut einer Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2011, die die Krankenkasse in Auftrag gegeben hatte, ist jeder dritte Jugendliche in Deutschland schon einmal Opfer von Angriffen per Handy oder im Internet gewesen. Cybermobbing heißt der Fachausdruck dafür. Zahlen für Schleswig-Holstein gibt es nicht. Christa Limmer von der Aktion Kinder- und Jugendschutz (AKJS), die Eltern und Schulen berät, schilderte einen typischen Fall von Cybermobbing. „Jemand wird als schwul tituliert und auf dem Klo oder in der Umkleide fotografiert“, berichtete sie. „Dazu wird dann gesagt: ,Du Opfer, mit dir will ich nicht in einer Arbeitsgruppe sein.‘ Und das wird dann im Internet verbreitet.“ Den Anti-Mobbing-Koffer der Krankenkasse gibt es seit vier Jahren. Rund 1000 Exemplare wurden an Schulen in Schleswig-Holstein verteilt, er wird dort fleißig genutzt. Inhalt: Unterrichtsmaterialien für eine Projektwoche zu diesem Thema. Unter anderem zeigen mehrere Filme, was Mobbing ist und welche Folgen es für die Opfer haben kann. Spezielle Unterlagen zum Cybermobbing fehlten bislang. Das ist nun ergänzt worden.

Relativ neu sind auch Tipps für die Eltern. Was sollen sie tun, wenn ihr Kind im Internet gemobbt wird? Christa Limmer von der AKJS empfiehlt, zunächst die Attacke zu dokumentieren, also ein Foto von dem Internetfoto anzufertigen. Die Schule sollte umgehend informiert werden, ebenso der Netzwerkbetreiber. In schweren Fällen muss Anzeige erstattet werden. Wichtig: Die Eltern müssen mit ihrem Kind über den Vorfall sprechen.

Die Experten raten sehr davon ab, sich mit den Eltern des Täters oder mit dem Täter selbst in Verbindung zu setzen. Es sei auch nicht sinnvoll, Medienverbote auszusprechen oder die Internetnutzung des Kindes heimlich zu kontrollieren. Die Eltern werden auch deshalb immer öfter mit dem Thema konfrontiert, weil Opfer und Täter immer jünger werden. „Das liegt daran, dass immer jüngere Kinder schon mit Handys ausgestattet werden“, sagte Christa Limmer.

Für die Bildungsministerin Wende ist die Klimaveränderung an den Schulen eine Ursache für das Mobbing-Wachstum. „Schüler leben in einer Wettbewerbssituation, dazu tragen auch die Eltern bei. Man empfindet es als Schwäche, nicht perfekt zu sein. Und der nicht Perfekte wird dann an den Pranger gestellt.“