Prozess gegen Niedersachsens Ex-Regierungssprecher Olaf Glaeseker wird ein Duell mit dem Ex-Chef. Einen Fehler räumt Olaf Glaeseker jedoch ein.

Hannover. Manchmal muss man sich zwicken in diesen Hannoveraner Landgerichtstagen, bei denen seit diesem Montag auch Olaf Glaeseker vor Gericht sitzt. Wulffs einst legendärer Regierungssprecher, eine Instanz in der ehemaligen Landesregierung. Von 2003 bis 2010 bestimmte das Duo den politischen Takt in Niedersachsen. Inzwischen kämpft man gegen die Vorwürfe der Staatsanwälte: Korruption. Mangelnde Distanz im Umgang mit Freunden, die zugleich Geschäftsleute waren. Dass es dieses Defizit gab in Wulffs Niedersachsen-Jahren ist unstrittig. Die Frage ist, ob sich dabei jemand strafbar gemacht hat.

Die Staatsanwaltschaft Hannover ist davon überzeugt. Bei der Verlesung der Anklageschrift wirft Staatsanwältin Anna Tafelski Glaeseker und dem ebenfalls angeklagten Event-Manager Manfred Schmidt vor, sich in den Jahren 2007 bis 2009 der Bestechung beziehungsweise Bestechlichkeit schuldig gemacht zu haben. Nüchtern listet sie auf, wie viele Sponsorengelder Glaeseker in seiner Funktion als Regierungssprecher eingesammelt habe. Von VW, von der Messe AG, von der Nord LB, von der Talanx-Versicherungs AG. Und wie viele Urlaube er im Gegenzug in Schmidts Häusern bei Barcelona habe machen dürfen. Hier vier Tage, da fünf, noch einmal vier, dann elf. Am Ende zählen die Ankläger Vorteile in Höhe von rund 12.000 Euro auf, die Glaeseker angenommen haben soll.

Im Gegenzug habe sich der damalige Wulff-Sprecher aus dem Amt heraus für die „Geschäftsidee von Schmidt“, die „Nord-Süd-Dialoge“, eingesetzt. Mit den Promi-Partys habe Schmidt eine „Gewinnmarge über 50 Prozent“ anvisiert. Glaeseker habe gewusst, dass Schmidt damit „seinen hohen Lebensstandard absichern wollte“. Vergehen nach Paragraf 332 Strafgesetzbuch, Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Für Glaeseker könnte eine Verurteilung auch den Verlust erworbener Pensionsansprüche bedeuten.

Zum Teil mit gebrochener Stimme berichtet Glaeseker über sein berufliches Leben, über seine Entlassung aus Wulffs Diensten, die Durchsuchung seines Hauses, über Enttäuschungen, die mit diesem Verfahren und seinen Folgen verbunden seien. Vor allem aber berichtet Glaeseker über die innige Freundschaft, die ihn mit Manfred Schmidt verbinde. Der Party-Veranstalter sei für ihn ein väterlicher Freund geworden, der den plötzlichen Tod des leiblichen Vaters ein wenig kompensiert habe.

Die Nord-Süd-Dialoge hätten mit dieser Freundschaft nichts zu tun. Schmidt habe ihn, Glaeseker, lange vor seiner Zeit als Regierungssprecher kennengelernt, ihn ebenfalls besucht daheim in Steinhude, von ihm ebenfalls Geschenke bekommen. Schwarzwälder Schinken, Spreewaldgurken, Windlichter. So wie es eben zugeht im wahren Leben, im Privaten.

Manfred Schmidt, der Partyveranstalter, bestätigt Glaesekers Angaben. Der Ex-Regierungssprecher und dessen Frau Vera seien seine „besten Freunde“. Mit den Nord-Süd-Dialogen hätten Glaesekers Besuche am Mittelmeer nichts zu tun gehabt. Seine zweite Verteidigungslinie zieht Olaf Glaeseker von der anderen Seite auf – aus der niedersächsischen Staatskanzlei, in der er von 2003 bis 2010 als Regierungssprecher für Christian Wulff gearbeitet habe. Dem Ministerpräsidenten Wulff habe sein Engagement gegolten, dem Land Niedersachsen, der Landeshauptstadt Hannover, nicht Manfred Schmidt oder dessen Firmen. „Es war für mich ein Job ohne Dienstschluss. Was ich im Büro nicht geschafft habe zu erledigen, habe ich dann oft zu Hause erledigt.“

Bezeugen könnte diese Aussage Christian Wulff, Glaesekers früherer Chef. Aber Wulff hat in seiner Aussage vor der Staatsanwaltschaft diese Rund-um-die-Uhr-Tätigkeit Glaesekers relativiert. Von der engen Bindung zu Schmidt habe er nicht gewusst, auch nicht von der aktiven Sponsorensuche. Wulff und Glaeseker sprechen mittlerweile nicht mehr miteinander.

Der Ex-Sprecher bestreitet dagegen vor der 3. Großen Strafkammer des Landgerichts jede Möglichkeit zu Alleingängen im alten Amt. Wulff habe immer „alles gewusst“. Der Ministerpräsident sei, „salopp ausgedrückt, ein Kontrollfreak“ gewesen. „Ein Agieren ohne Wissen oder sogar gegen den Willen des Ministerpräsidenten hat es nie gegeben.“

Einen Fehler räumt Olaf Glaeseker ein. Ja, er hätte in der Staatskanzlei „zu meiner eigenen Absicherung irgendwann schriftlich anzeigen“ sollen, dass Schmidt und ihn ein so enges Verhältnis verbinde. „Ich habe es nur deswegen nicht schriftlich festgehalten, weil ich wusste, dass mein Chef von der Freundschaft und den Urlauben bei meinem Freund wusste.“ Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.