Mehrarbeit empört die Gymnasiallehrer, die zudem befürchten, dass Gesamtschulen bevorzugt werden sollen

Goslar. Die 350 Delegierten des niedersächsischen Philologenverbands machten es am Mittwoch wie sonst zuweilen ihre Schüler: Sie störten mit lauten empörten Zwischenrufen. Vorne am Pult aber ließ sich Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) nichts anmerken und verteidigte die angekündigte Arbeitszeitverlängerung für Lehrer an Gymnasien. Was aber auch die Ministerin nicht leugnen kann: Der Widerstand gegen die Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung auf 24,5 Stunden droht zum Flächenbrand zu werden.

Inzwischen sind es rund 50 der 250 Gymnasien im Land, an denen die Lehrer Klassenfahrten streichen, Arbeitsgemeinschaften und andere freiwillige Veranstaltungen absagen. Und anders als von der neuen rot-grünen Landesregierung erhofft, haben sie dabei mindestens einen Teil ihrer Schüler auf ihrer Seite. Mehr als 5000 Gymnasiasten sind am Dienstag vor den Landtag in Hannover gezogen und haben sich mit den Pädagogen solidarisiert. Im Sommer sind bereits 10.000 Lehrer auf die Straße gegangen, aufgerufen zu den Protesten hatte neben dem Philologenverband auch die GEW.

Auf der Delegiertentagung am Donnerstag in Goslar hat der Vorsitzende des Philologenverbands Niedersachsen, Horst Audritz, den Ton in der Auseinandersetzung verschärft: „Der Schulfrieden wird durch die Arbeitszeiterhöhung ernsthaft gefährdet.“ Wäre es allein die eine Stunde Mehrarbeit für die Gymnasiallehrer gewesen, vermutlich hätte sich der Zorn der Pädagogen in Grenzen gehalten. Schließlich bleibt Niedersachsen auch mit 24,5 Stunden noch deutlich hinter anderen Bundesländern wie Schleswig-Holstein mit 25,5 Wochenstunden. Aber die neue Landesregierung hat außerdem frühere Zusagen über eine Ausweitung der Altersermäßigung einkassiert. Audritz bezifferte die so angestrebte Kostenentlastung im Etat auf 160 Millionen Euro jährlich: „Wir wehren uns gegen diese Politik des Wortbruchs, der Ungerechtigkeit und der Sonderopfer.“

Heiligenstadt verteidigte die Mehrarbeit und verwies darauf, das Land investiere zusätzliches Geld in den Ausbau etwa der Kindertagesstätten und Ganztagsschulangebote: „Und wir werden mehr Schulpsychologen und Schulentwicklungsplaner einstellen und mehr für die Inklusion tun.“ Für all diese Reformen seien aber auch Umschichtungen im Haushalt nötig.

Deutlich wurde auch, dass der Philologenverband die von Rot-Grün beschlossenen Erleichterungen bei der Gründung neuer Gesamtschulen fürchtet, weil sie Gymnasien Konkurrenz machen könnten. Tatsächlich hat die neue rot-grüne Landesregierung schon zum kommenden Schuljahr 2014/2015 die Hürden für die Gründung neuer Gesamtschulen deutlich gesenkt.