Sehr hohes Gehalt, zu großer Dienstwagen – der Sonderausschuss untersucht die Affäre um den ehemaligen Staatssekretär in niedersächsischem Agrarministerium.

Hannover. Für die Sozialdemokratin Andrea Schröder-Ehlers ist es eine Gratwanderung: links von der frischgebackenen Vorsitzenden sitzen im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Niedersächsischen Landtages in Hannover die Abgeordneten von CDU und FDP mit leicht gekünstelt wirkendem Kampfgeist bei dem Versuch, auch nach dem Rücktritt des grünen Agrarstaatssekretärs Udo Paschedag noch Kapital aus dessen Verhalten zu schlagen. Und rechts sitzen, betont amüsiert, SPD und Grüne, die diesen Ausschuss so überflüssig wie einen Kropf finden und dies auch ausgiebig demonstrieren.

Am Donnerstag tagte der Ausschuss erstmals öffentlich, vernahm mit Jörg Mielke (SPD) als Chef der Staatskanzlei auch gleich einen prominenten Zeugen. Ausschusschefin Schröder-Ehlers, Juristin und direkt gewählte SPD-Abgeordnete mit Wahlkreis Lüneburg, dämpfte allzu große Aufregung aus dem rot-grünen Regierungslager über angebliche Fragewiederholungen der Oppositionskollegen und mahnte immer wieder Ordnung an: „Wir sollten ruhig fragen und Zwischenrufe vermeiden.“

Es geht vordergründig darum, wie der von SPD und Grünen unmittelbar nach der gewonnenen Landtagswahl im Februar berufene Agrarstaatssekretär Paschedag zu einem Dienstwagen kam, wie er eigentlich nur Ministern zusteht. Und strittig ist auch, ob es keine Alternative gab zu der Bezahlung des Staatssekretärs nach der Besoldungsstufe B10, wo doch alle anderen neuen Amtschefs sich mit B9 begnügen mussten.

So viel ist nach diesem ersten Tag mit Zeugenvernehmungen bereits klar: Paschedag hatte sich ursprünglich gegenüber dem neuen Chef der Staatskanzlei Mielke bereit erklärt, auch für B9 aus dem nordrhein-westfälischen Agrar- und Umweltministerium nach Hannover zu wechseln – der Familie wegen, die im Landkreis Stade lebt. Die Nähe sei ihm wichtiger als das Geld, wie Mielke sich erinnert.

Die NRW-Landesregierung aber schickte dann einen Versetzungsbeschluss nach Niedersachsen, in dem nicht von solchen persönlichen Gründen für den Wechsel die Rede war, sondern ausschließlich von dienstlichen Gründen – mithin B10 statt B9. Ob Paschedag die Formulierung des Kabinettsbeschlusses aus Düsseldorf beeinflusst hat, wird die Opposition jetzt wohl noch zu klären versuchen. Ein dem Ausschuss zugestellter Bericht der Landesregierung lässt das wahrscheinlich erscheinen. Auf alle Fälle verweigerte sich Paschedag einer förmlichen Wiederholung des Versetzungsverfahrens, kassierte ab dann bis zu seinem Rauswurf Ende August durch Ministerpräsident Stephan Weil ein um über 700 Euro höheres Gehalt als alle anderen Staatssekretäre.

Der Rausschmiss allerdings erfolgte, weil sich Paschedag einen zu großen Dienstwagen angeschafft hatte mit der Begründung, er habe ein Rückenleiden, und nur in dieser großen Limousine könne für ihn ein Spezialsitz eingebaut werden. Und erst diese Geschichte führte schnurstracks zum Antrag von CDU und FDP, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen.

Ministerpräsident Weil nämlich bestreitet vehement, er habe die Ausnahme von der Dienstwagenrichtlinie abgenickt. Genau dies aber steht in einem Vermerk von Paschedag, der im August auftauchte. Die Opposition sieht also die Chance, dem Regierungschef eine Lüge nachzuweisen.

Bereits am Donnerstag bei der Vernehmung von Mielke und anderer Mitarbeiter der Staatskanzlei verhedderte der Ausschuss sich fast hoffnungslos in Hunderten von Vermerken und E-Mails aus der Zeit der Regierungsbildung. CDU und FDP aber sind entschlossen, die Nadel im Heuhaufen zu suchen, obwohl gar nicht klar ist, ob es sie überhaupt gibt. Weswegen die CDU inzwischen den Staatsgerichtshof angerufen hat und auf Herausgabe von weiteren Akten klagt. Die aber gehören nach Einschätzung der SPD zum geschützten Bereich des Regierungshandelns. CDU-Fraktionschef Björn Thümler sieht das naturgemäß anders: „Das Maß ist voll, die Regierung Weil hat etwas zu verbergen, das ist offensichtlich.“