Zerstörung durch Orkan erstaunt Kiels Forstminister Habeck. Versicherung schätzt Schaden auf fast 80 Millionen Euro

Kropp. Bis die Sturmschäden von Orkantief „Christian“ in Schleswig-Holsteins Wäldern beseitigt sind, wird es noch Monate dauern. Allein die groben Aufräumarbeiten dürften noch bis März weitergehen, sagte der Direktor der Landesforsten, Tim Scherer, am Dienstag bei Kropp (Schleswig-Flensburg). Scherer besuchte gemeinsam mit Umweltminister Robert Habeck (Grüne) das Revier Brekendorf mit 1492 Hektar Fläche. Es ist eine der am stärksten betroffenen Regionen im Land. Allein hier hat „Christian“ 30.000 Festmeter Holz umgelegt. Das entspricht dem Vier- bis Fünffachen des regulären Jahreseinschlags. In ganz Schleswig-Holstein hatte der Orkan so viel Bäume umgelegt, wie sonst in einem Jahr geschlagen wird – im Verkaufswert von mehr als 20 Millionen Euro.

Die Schneise der Verwüstung, die Sturmtief „Christian“ in Schleswig-Holstein hinterlassen hat, schlägt bei den Versicherungen mit hohen Kosten zu Buche. Allein die Provinzial-Versicherung beziffert den zu regulierenden Schaden auf 60 bis 80 Millionen Euro. Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen hierzulande jedes dritte Wohngebäude versichert. An der Westküste liegt dieser Anteil noch höher. Es sei der teuerste Sturm seit Langem gewesen. Mit 46 Millionen Euro hatte 1999 „Anatol“ ähnliche Dimension. Außer vielen kleineren habe es ungewöhnlich viele große Schäden mit über 100.000 Euro gegeben, gab der Marktführer an. Allein in Bredstedt (Kreis Nordfriesland) gab es am Sturmtag 800 Meldungen. Nach Unternehmensangaben soll betroffenen Kunden trotzdem schnell und unbürokratisch geholfen werden.

Auch die Hansestadt Hamburg wird sich finanziell anstrengen müssen, um die Schäden des Orkans aufzuarbeiten. Die Bezirke haben erste Zahlen zur Schadenshöhe herausgegeben. Vor allem die Anpflanzung neuer Bäume wird die Stadt viel Geld kosten, berichtete NDR 90,3. 500 umgestürzte oder beschädigte Bäume zählten allein die Mitarbeiter des Bezirksamtes Nord in den vergangenen Tagen. Am Stockflethweg in Ochsenzoll knickte der Sturm sogar eine 200 Jahre alte Buche um – mit einem Stammdurchmesser von drei Metern. In Harburg und Bergedorf seien die Schäden etwas geringer ausgefallen, das Bezirksamt Eimsbüttel bezifferte den Schaden hingegen auf fast 200.000 Euro. Im Bezirk Mitte und in Altona werde noch gerechnet. Wandsbek habe es hart getroffen. Hier seien ebenfalls mehrere Hundert Bäume zu Bruch gegangen.

Ein riesiger sogenannter Holzvollernter fräste sich am Dienstag durch den Brekendorfer Forst bei Kropp. Er schnitt instabile Bäume ab und schredderte anschließend die Äste von den Stämmen. In der Nähe arbeiteten Männer mit Motorsägen. Sie sägten die herumliegenden Stämme und dicken Äste durch – mit großer Umsicht und nach einer speziellen Schulung. Denn die Arbeit im sturmverwüsteten Wald ist lebensgefährlich, wie Scherer erklärte. Die Stämme stehen unter großer Spannung, wenn sie von einem anderen Stamm eingeklemmt sind. So kann es vorkommen, dass ein Baumstück meterweit mit Wucht nach oben schnellt.

Spaziergänger dürfen die Wälder in den Kreisen Nordfriesland, Schleswig-Flensburg einschließlich der Stadt Flensburg sowie im Kreis Rendsburg-Eckernförde (nördlich des Nord-Ostsee-Kanals) weiterhin nicht betreten. Die Forst-Experten warnen auch in Wäldern, in denen kein Verbot herrscht, vor dem Begehen.

In dem Waldstück bei Kropp wachsen vor allem Lärchen und Fichten. Sie sind bei dem Orkan am Montag voriger Woche wie Dominosteine gekippt. Nadelbäume sind anfälliger, sie fallen schneller um als Laubbäume, wie Scherer sagte. Um die Wälder stabiler zu machen, werden in Brekendorf und auch in anderen Revieren kleine Laubbäume zwischen die Nadelbäume gepflanzt. Diese Arbeit hat der Sturm jetzt zunichtegemacht, sagte Habeck. Jetzt müsse man abwarten, wie viele der Bäumchen überlebt haben.

„Ich muss staunen ob der Gewalt, die hier durchgegangen ist“, sagte der Minister. So etwas sehe man sonst nur in Katastrophenfilmen. Im Land sei so viel Holz abgeknickt worden, wie sonst in einem Jahr gefällt werde. Und zwar unkontrolliert und als Kahlschlag. Scherer kündigte an, dass alle betroffenen Flächen wieder aufgeforstet werden sollen, in der Regel mit Mischwald.

„Es wird uns finanzielle Anstrengungen kosten, und wir werden Geduld brauchen, bis ein neuer, naturnaher Mischwald nachgewachsen ist“, sagte Habeck.