Pinneberg. Als Autofahrer müssen sie bisweilen Spott und Häme erleiden. Pinneberger, Stormarner („Vor PI und OD bewahr uns Gott“) und andere Nichtgroßstädter wissen ein garstig Lied davon zu singen. Aber so ein Autofahrerleben härtet ab und erzeugt gelegentlich eine besondere emotionale Bindung an die automobile Kennung.

Auch deshalb machen manche Wagenlenker von der seit drei Jahren bestehenden Möglichkeit Gebrauch, bei Umzug innerhalb ihres Bundeslandes ihr Nummernschild behalten zu dürfen. Ob etwa die Menschen in Winsen/Luhe (WL-Spott: „Wildgewordener Landwirt“) das rege praktizieren, ist noch nicht untersucht.

Die derben Kennzeichenscherze sind beileibe keine nordische Spezialität. Über Autofahrer mit SU-Kennung (Siegburg, Rhein-Siegkreis) wird im Bonner Raum gern gelästert: „Sau unterwegs“. Und die aus Bergheim (BM, Rhein-Erftkreis) müssen sich von Kölnern schon mal die Ergänzung „Bauern-Metropole“ gefallen lassen.

Als bekennender PI-Fahrer habe ich im Ausland etwas andere Reaktionen erlebt als hierzulande. Als ich auf einer Urlaubsreise in einer Hotelpension in Südfrankreich Station machte, erkundigte sich der Wirt, ein Elsässer, nach der Herkunft von PI: Ich informierte ihn gründlich. Über die Kennzeichenkontroverse: „Provinz-Idiot“ für PI und „halbes Hirn“ – als billige Revanche auf diesem Niveau – für HH: Wenig später bekam der Wirt Krach mit seinem Kellner und brüllte ihn vor ansonsten französischen Gästen auf Deutsch an: „Du alter Provinz-Idiot!“

Besondere automobile Aufmerksamkeit widerfuhr mir ebenfalls bei einem Besuch im italienischen Pisa. Einige Einheimische schenkten meiner – damals mit der ihrigen identischen – Buchstabenkombination mehr Aufmerksamkeit als ihrem berühmten schiefen Turm. Inzwischen gibt es in Italien ein reines Nummernsystem.

Ein Grund für die Verulkung von Autokennzeichen mag in einem gewissen Hochmut und Überlegenheitsgefühl von Metropolbewohnern gegenüber sogenannten Provinzlern liegen. Der einstige Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Björn Engholm (SPD), kritisierte seinerzeit in einem Abendblatt-Interview einmal generell: „Die Welthandelskaufleute in Hamburg sehen die Menschen im Umland manchmal eher als Hühnerzüchter.“