Süddänen verfolgen, was in der Elbmetropole geschieht – von HafenCity bis zur HSV-Uhr. Tatsächlich spielt Hamburg vor allem im dänischen Grenzland eine große Rolle für die Bewohner.

Oben ein paar nordfriesische Inseln, links der Atlantik und dann die USA. So stellt eine bekannte Zeichnung den Blick von Hamburg aus auf die Welt dar. Dänemark? Kommt im Blick der Hanseaten kaum vor, ein kleiner Strich am Horizont, flache Dünen. Würde man von dort den Blick gen Süden richten, stellte sich das Bild wohl so dar: erst Flensburg, auf halber Strecke, dann der Anstieg über die Rader Hochbrücke, dahinter leuchtet Hamburg. Und in der Stadt das HSV-Stadion.

Tatsächlich spielt Hamburg vor allem im dänischen Grenzland eine große Rolle für die Bewohner. Je nach Blickwinkel als Nadelöhr oder als Tor zur Welt. „Das Erste, was mir einfällt zu Hamburg, ist der Elbtunnel und Stau“, sagt Buchhalterin Maike Fogdal aus Gråsten (deutsch: Gravenstein) in Nordschleswig. „Hamburg ist Dänemarks größter Hafen und für uns auch das Tor zur Welt“, ergänzt dagegen Volker Heesch, Deutschlehrer und Redakteur aus Hoyer an der Westküste. „Wir Nordschleswiger sind ja sowieso schneller und billiger in der Hansestadt als in Kopenhagen.“ Knapp zwei Stunden dauert die Fahrt von der Grenze im Zug oder auch mit dem Auto.

Es klingt ein bisschen wie der Trotz einer vernachlässigten Region, wenn man es wie Journalist Peter Lassen formuliert: „Hamburg wird hier in Nordschleswig immer als eine Art Potenzmittel gegenüber Kopenhagen eingesetzt.“ Hamburg stärke mental den Rücken gegenüber dem Zentralismus aus der 300 Kilometer entfernten Hauptstadt, aus der man eher zum Fehmarnbelt und nach Berlin blickt.

Weil aber Hamburg so vor der Haustür liegt, verfolgt gerade die deutsche Minderheit in Dänemark genau, was sich dort abspielt: wie die HafenCity in den Himmel wächst oder die Elbphilharmonie eben nicht. Wie der HSV spielt und wer als Nächstes in der O2 World auftritt – auch wenn man da, wie beim Volksparkstadion, gelegentlich mit den Namen der Sponsoren nicht ganz nachkommt. Zumindest die Reeperbahn heißt immer noch so, auch wenn es den Star Club nicht mehr gibt, den viele Dänen auch heute noch mit Hamburg verbinden. Heidi Kabel gibt es ebenfalls nicht mehr, die mit dem Ohnsorg Theater in der Vergangenheit auch im südlichen Dänemark auf den Bildschirmen präsent war. „Wir sind ja mit deutschem Fernsehen aufgewachsen“, heißt es oft als Erklärung, warum bis hinauf nach Fredericia alle über 35-Jährigen irgendwie Deutsch verstehen. Erst ab Mitte der 90er breitete sich in Dänemark das Privatfernsehen aus – und damit die dänisch untertitelten US-Serien auf Englisch.

Auch weiter nördlich in Dänemark richtet sich der Blick häufiger auf die Elbmetropole. „Ich kenne ein paar Inhaber von kreativen Läden in Hamburg, die inzwischen an manchen Tagen die Hälfte ihres Umsatzes über dänische Kreditkarten buchen“, erzählt die Hamburger Anwältin Susanne Beck Nielsen, geboren in Nordschleswig und seit August Honorarkonsulin für das Königreich Dänemark in Hamburg.

Wie Dänen Deutsche wahrnehmen oder umgekehrt, spielt nicht nur für die Wirtschaft im Grenzland eine wichtige Rolle. An den Unis Kiel und Odense widmet sich ein Forschungsprojekt der Frage, wer nun von wem denkt, dass er mehr Würstchen isst oder Bier trinkt – und wie das das Miteinander behindert. Doch weit mehr als die Vorurteile interessiert und polarisiert der Hamburger Fußball, auch nördlich der Grenze. „Diese blöde Uhr im Stadion, die die Zugehörigkeit zur Bundesliga seit deren Gründung anzeigt“, nennt ein Sportsfreund als erste Erinnerung an Hamburg. „Die würde ich und so manch anderer nur all zu gerne ausknipsen.“