Schleswig-Holsteins Sozialdemokraten blicken nach Berlin. Niedersachsens CDU strotzt am Tag nach der Wahl vor Kraft

Hannover/Kiel . Das Land Niedersachsen schickt 66 Abgeordnete in den neuen Bundestag, vier mehr als bisher. Schleswig-Holstein bleibt unverändert bei 24 Abgeordneten. Was die ansonsten gebeutelte SPD freut: Sie kann statt sechs nun neun Parlamentarier nach Berlin entsenden. Bei der CDU sind es elf statt neun. Ein Punkt in der Wahlnachlese, die am Montag überall einsetzte.

Am Tag nach der Wahl strotzt vor allem die CDU vor Kraft, aber in Niedersachsen mischt sich auch Frust in die Freude. Schließlich ändert der starke Stimmenzuwachs bei der Bundestagswahl nichts an der im Januar knapp verlorenen Landtagswahl und dem damit verbundenen Machtverlust. Weswegen die Partei jetzt bereits versucht, das magere Abschneiden von SPD und Grünen bei der Bundestagswahl umzumünzen in Kritik an der rot-grünen Landesregierung. „Das ist die Quittung für schlechte Regierungsarbeit der letzten acht Monate“, sagte CDU-Generalsekretär Ulf Thiele.

Tatsächlich haben die beiden mit nur einer Stimme Mehrheit regierenden rot-grünen Koalitionen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein (mit Beteiligung des SSW) bei ihren weiteren Reformvorhaben immer einen rotgrünen Wahlsieg im Bund unterstellt und daraus resultierende höhere Steuereinnahmen. Nun müssen sie hoffen, dass in einer denkbaren großen Koalition in Berlin zum Beispiel zusätzliche Bundesmittel für Bildungsausgaben der Länder vereinbart werden. Beide Landesregierungen stehen zudem auch wegen der Schuldenbremse unter Druck. Sie erzwingt eine schrittweise Senkung der Neuverschuldung auf null bis zum Jahr 2020. Der niedersächsische SPDGeneralsekretär Detlev Tanke seufzte am Montag mit Blick vor allem auf Bildungsprojekte wie kleinere Klassen: „Ohne höhere Steuereinnahmen ist all das, was wir uns wünschen, natürlich schwieriger zu finanzieren.“

Die Niedersachsen-CDU legte fast genau im Bundestrend zu – von 33,2 auf 41,1 Prozent. Die SPD wuchs stärker als im Bund – von 29,3 auf 33,1 Prozent. Die FDP stürzte von 13,3 auf 4,2 Prozent ab, die Grünen wurden von 10,7 auf 8,8 Prozent gestutzt, die Linke verlor noch stärker, sank von 8,6 auf 5 Prozent. Die AfD blieb bei 3,7 Prozent hängen. Weil es in Niedersachsen deutlich weniger Prozentanteile für FDP, AfD und sonstige Parteien gab, steigt die Zahl der Abgeordneten, die die anderen Parteien in den Bundestag schicken. Die CDU ist hier künftig mit 31 statt 21 Mandatsträgern vertreten, die SPD mit 25 statt 19, die Linke nur noch mit vier statt sechs und die Grünen mit sechs statt sieben.

Was muss die neue Bundesregierung für Schleswig-Holstein tun? Die Regierungspartei SSW und die Oppositionspartei CDU waren sich da überraschenderweise einig – zumindest in einem Punkt. Lars Harms, Fraktionschef des SSW im Kieler Landtag, sagte: „Ich erwarte, dass die kommende Regierung die verkehrspolitische ‚Abschwung Nord‘-Politik der letzten schwarz-gelben Legislaturperiode korrigiert, damit der Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals und der Bau der A20 endlich wieder Priorität in Berlin bekommen.“ Und Johannes Callsen, der CDU-Fraktionschef, sagt zu einer möglichen großen Koalition im Bund: „Ich hätte die Erwartung, dass eine solche Koalition die großen Verkehrsprojekte in Schleswig- Holstein stärker vorantreibt – und damit auch die hiesige Landesregierung zum Handeln zwingt.“

Am Tag nach der Bundestagswahl blickten die Parteien in Schleswig-Holstein nicht nur aufs eigene Ergebnis, sondern eben auch nach Berlin. Ralf Stegner, der SPD-Landesvorsitzende, weilte in der Bundeshauptstadt und warb dafür, bei der nächsten Bundestagswahl endlich auch für eine Koalition mit der Linken offen zu sein. „Wir sind alle nicht erfreut über das, was jetzt bei der Wahl herausgekommen ist“, sagte er. Eine große Koalition könne es nur geben, wenn Merkel zu einem Politikwechsel bereit sei. Am Kandidaten Peer Steinbrück habe es nicht gelegen, dass die SPD so schlecht abgeschnitten habe. Ähnlich hatte es der Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) schon am Wahlabend gesehen. Zusammen mit Innenminister Andreas Breitner und der Landtagsabgeordneten Serpil Midyatli hatte er lustlos die Hochrechnungen verfolgt.

Das Wahlergebnis war auch für die Grünen nicht berauschend. Mit 9,4 Prozent lag man nur unwesentlich besser als im Bund (8,4 Prozent). Die FDP landete am Ende bei 5,6 Prozent. Die Alternative für Deutschland (AfD) hat 4,6 Prozent der Stimmen eingefahren. Die Nord-CDU blieb mit 39,2 Prozent unter dem Bundesergebnis. Bei der Nord- SPD war es umgekehrt, sie liegt mit 3,6 Prozent um sechs Prozentpunkte über dem Wert im Bund.