Tausende Pädagogen pfeifen SPD-Kultusministerin aus. Tumultszenen im Landtag

Hannover. Mehrere Tausend Lehrer aus ganz Niedersachsen haben am Donnerstag in Hannover gegen die Bildungspolitik der neuen rot-grünen Landesregierung demonstriert. Zeitgleich attackierten in der Landtagssitzung die Oppositionsparteien CDU und FDP die geplante Mehrarbeit für die Gymnasiallehrer als Wortbruch.

Ein halbes Jahr nach dem Regierungswechsel steht vor allem Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) unter Druck. Organisiert wurde die Großdemonstration nicht nur von den konservativen Lehrerbänden. An der Spitze der Bewegung marschiert auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Die Ministerin wurde mit gellenden Pfiffen und Buhrufen empfangen, als sie sich vor dem Ministerium den Demonstranten stellte. Tatsächlich hatten SPD und FDP vor der Wahl zugesagt, man werde die wöchentliche Arbeitszeit der Lehrer nicht ändern und die versprochene Altersermäßigung umsetzen. Jetzt aber wird nichts aus der Ermäßigung der Unterrichtsverpflichtung um eine Stunde ab dem 55. Lebensjahr. Und alle Gymnasiallehrer müssen künftig statt 23,5 Stunden 24,5 Stunden unterrichten.

Horst Audritz, Vorsitzender des Philologenverbandes: „Was soll man von Regierenden halten, die sich so bedenkenlos über geltende Zusicherungen und über das Prinzip Treu und Glauben hinwegsetzen?“

Heiligenstadt verteidigte die beiden Maßnahmen als „vertretbar und verkraftbar“. Die so eingesparten rund 80 Millionen Euro flössen in den Ausbau der Ganztagsschulen.

Zudem seien die 24,5 Stunden Unterrichtsverpflichtung bereits jetzt an Gesamtschulen der Normalfall: „Im Vergleich mit anderen Bundesländern liegen Niedersachsens Gymnasien weiterhin im unteren Drittel.“ In Schleswig-Holstein beträgt die Pflichtstundenzahl sogar 25,5 Stunden.

Zu tumultartigen Szenen kam es im Landtag, nachdem der bildungspolitische Sprecher der FDP Björn Försterling die Ministerin attackierte und ihr „Verrat an den Lehrern“ vorwarf: „Heute liegen ihre Versprechungen auf der Schlachtbank des Finanzministers.“ Die Grünen-Abgeordnete Ina Korter konterte, das seien demagogische Formulierungen und kassierte dafür einen Ordnungsruf.

Der FDP-Abgeordnete Christian Grascha erboste sich darüber, dass die Abgeordnete dies lediglich „achselzuckend zur Kenntnis genommen habe: „Da wäre etwas mehr Demut angebracht.“ Korter selbst verwies noch einmal auf die aus ihrer Sicht unzutreffende Stimmungsmache der Oppositionsparteien gegen die Bildungspolitik und nannte das eine „unerträgliche Polemik“.