Sozialministerin Kristin Alheit treibt den Ausbau der Betreuung von Kindern unter drei Jahren kontinuierlich voran. Niedersachsen hinkt hinterher.

Kiel. Die Zahlen sind beeindruckend. Seit 2008 sind in Schleswig-Holstein rund 11.000 neue Krippenplätze entstanden. In einer enormen Kraftanstrengung haben die Kommunen in den beiden Bundesländern dafür gesorgt, dass mittlerweile die meisten Eltern mit Kindern unter drei Jahren einen Betreuungsplatz finden – wenn sie es denn möchten. Das schleswig-holsteinische Sozialministerium geht mittlerweile davon aus, dass es schon im kommenden Jahr für rund 55 Prozent der anspruchsberechtigten Kinder (im Alter zwischen einem und drei Jahren) eine Krippenplatz geben wird. Ursprünglich hatte man angenommen, dass 35 Prozent ausreichend sein würden, um alle Elternwünsche zu erfüllen. Mit anderen Worten: Schleswig-Holstein hat die Quote übererfüllt.

Niedersachsen hinkt im Vergleich dazu deutlich zurück. Hier liegt die Quote bei nur 31,2 Prozent. Besonders im Westen des Landes, beispielsweise im Landkreis Aurich, gibt es noch starken Nachholbedarf. Dennoch hat sich auch in Niedersachsen viel getan. Im Jahr 2008 lag die Quote noch bei rund neun Prozent.

Auslöser des Baubooms war eine Entscheidung aus dem Jahr 2007. Auf Initiative der Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) beschloss der Bundestag, einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz einzuführen. Er sollte für Kinder im Alter von einem bis drei Jahren gelten. Weil nicht alle Eltern ihren Nachwuchs betreuen lassen wollen, wurde ein Zielwert von etwa 35 Prozent angesetzt. Für die Umsetzung ließ man den Kommunen Zeit: Stichtag war der 1. August 2013.

Rund zwei Wochen nach dem Stichtag wird immer noch geplant und gebaut. „Der Rechtsanspruch ab 1. August markiert keinen Zielpunkt, sondern ist Teil eines Ausbauprozesses, der andauern wird“, sagt Schleswig-Holsteins Sozialministerin Kristin Alheit (SPD). Rund 154 Millionen Euro haben der Bund und das Land für den Neubau von Krippen zur Verfügung gestellt, davon sind bereits 142 Millionen Euro bewilligt worden. Fertiggestellt wurden damit 11.000 Plätze, bereits im Bau oder in Planung sind 4300 Plätze. „Zuletzt hat es einen regelrechten Antragsboom beim Kita-Ausbau gegeben“, sagt Kristin Alheit.

Denn das Bundesprogramm läuft im kommenden Jahr aus. Für dieses und das kommende Jahr stehen Schleswig-Holstein daraus 19,5 Millionen Euro zu – dann ist Schluss. „Seit Ende Juni sind 60 Anträge von Kindertageseinrichtungen und 15 Anträge von Tagespflegepersonen eingegangen“, berichtet die Sozialministerin. Damit können etwa 765 weitere Krippenplätze gebaut werden. Weil die Kieler Regierungskoalition aus SPD, Grünen und SSW im kommenden Jahr aus eigener Kasse noch einmal zehn Millionen Euro in den Krippenausbau stecken werden, könnten laut Sozialministerium weitere 645 Plätze hinzukommen. Das heißt, es kommen wohl noch 5710 Plätze hinzu. Ob das passiert, hängt von den Kommunen ab. Sie müssen etwa die Hälfte der Bauinvestitionen aufbringen. Jörg Bülow, der Geschäftsführer des Gemeindetags in Schleswig-Holstein, schätzt den seit 2008 aufgelaufenen Betrag auf etwa 150 Millionen Euro.

„Das ist ein gewaltiges Konjunkturprogramm“, sagt er. Er fordert den Bund auf, sich nicht aus der Finanzierung herauszuziehen. „Der gesellschaftliche Prozess, der zum Ausbau der Betreuung von Kleinkindern führt, setzt sich ja fort“, sagt er. „Der Bund muss sich weiter engagieren.“

Im Hamburger Rand haben sich die Kommunen besonders stark um Krippenplätze bemüht. In den Kreisen Pinneberg und Stormarn waren die Bundes- und Landesmittel schon im Juni dieses Jahres komplett vergeben, im Kreis Segeberg waren nur noch 1,5 Prozent nicht vergeben. Für Pinneberg standen insgesamt etwa 12 Millionen Euro Fördermittel zur Verfügung, für Stormarn waren es 15 Millionen Euro, für Segeberg 15,2 Millionen Euro. Aktuelle Zahlen zur Betreuungsquote gibt es nicht. Im März 2012 lag sie im Kreis Stormarn bei 27,46 Prozent, im Kreis Pinneberg bei 23,73 Prozent und im Kreis Segeberg bei 26,31 Prozent.

Diese Werte dürften mittlerweile deutlich angestiegen sein. Die Sozialministerin Kristin Alheit lobte die Kommunen in der Metropolregion Hamburg. „Sie haben enorme Ausbauanstrengungen unternommen und werden diese auch fortsetzen“, sagt sie. Gerade im Hamburger Rand sei der Bedarf an Krippenplätzen hoch.

Die zusätzlichen zehn Millionen Euro, die das Land in diesem Jahr bereitstellen wird, sollen in einen Fonds bei der Investitionsbank fließen. Das bedeutet: Sie müssen nicht in diesem Jahr abgerufen werden, sondern können auch im kommenden Jahr noch verbraucht werden. Verteilt werden sie nach der Zahl der Kinder unter drei Jahren. Der Kreis Pinneberg liegt da deutlich vorn. Und bekommt deshalb auch den größten Geldbetrag: 1,112 Millionen Euro.