Das Jungtier kann aus Dänemark oder aus dem Osten kommen. Tierhalter sollen Herden schützen

Kiel. Jung ist er, und fürs Foto hat er schön stillgehalten: Erneut ist in Schleswig-Holstein ein Wolf gesichtet worden. Am vergangenen Donnerstag um 22.40 Uhr läuft er in eine Fotofalle. Der Wolf steht am Rande eines Maisfeldes. Ein kleiner Weg muss überquert werden, und das Tier verharrt, um Witterung aufzunehmen. Da überrascht ihn der Blitz des Fotoapparats.

So scharf ist in Schleswig-Holstein noch niemals ein Wolf in freier Wildbahn fotografiert worden und so weit im Norden des Bundeslandes ebenfalls noch nicht: Das Bild entstand im nördlichen Dithmarschen, in der kleinen Gemeinde Hennstedt in der Nähe von Heide. Der Umweltminister freut sich darüber. „Das Wolfsmanagement des Landes bewährt sich“, sagt Robert Habeck (Grüne). „Schleswig-Holstein hat Raum für wilde Tiere.“

Mittlerweile werden in immer kürzeren Abständen Wölfe beobachtet und gemeldet. Nicht immer läuft das so harmlos ab wie in jener Nacht am Rande des Maisfeldes. Ende März wurde auf der A 1 zwischen Hamburg und Lübeck ein Wolf überfahren und getötet.

Ein 35-Jähriger hatte ihn nachts gerammt. Der Kadaver wurde ins Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildforschung gebracht. Wenige Tage zuvor, am Karfreitag, hatte ein Hamburger Landwirt in Kirchwerder eine unscharfe Aufnahme eines Artgenossen gemacht. Im Kreis Herzogtum Lauenburg hatte man wenige Wochen zuvor eine Fährte entdeckt. Und im Kreis Segeberg war im Sommer 2012 ein Wolfsfoto entstanden. Darauf zu sehen: ein Tier in Bewegung, ebenfalls unscharf. Die Hörer eines Rundfunksenders tauften es damals auf den Namen Socke.

Nun also der Wolf im Maisfeld. Walter Mahnert vom Wolfsinfozentrum in Eekholt schätzt ihn auf anderthalb Jahre. „Ein Jungtier. In diesem Alter verlassen sie das Rudel und machen sich selbstständig“, sagt er. Welches Rudel er verlassen hat, weiß Mahnert nicht. „Er kann aus Dänemark gekommen sein, er kann aber auch aus dem Osten gekommen sein“, sagt er. Ist er aus dem Osten gekommen, muss es ihm gelungen sein, den Nord-Ostsee-Kanal zu überqueren.

Wie viele Wölfe in Schleswig-Holstein mittlerweile heimisch sind, ist unklar. Grund ist die angeborene Scheu der Tiere. Sie meiden den Menschen, eine Gefährdung ist deshalb auszuschließen. Wölfe ernähren sich von Wildtieren, verschmähen aber auch Schafe und Ziegen nicht. Hier hat es in der Vergangenheit schon Opfer gegeben. Tierhalter sollten ihre Herden schützen, empfiehlt das Umweltministerium. Die Kosten werden vom Land übernommen. Zuvor sollten sich Tierzüchter vom Wolfsinformationszentrum Eekholt beraten lassen. Schleswig-Holstein hat zwar Raum für wilde Tiere – aber der Raum ist begrenzt.