Allein der Kreis Herzogtum Lauenburg zahlt 165.000 Euro für Entsorgung von 300.000 Sandsäcken. An den Deichen beginnen zudem die Reparaturarbeiten. Nicht nur Fahrzeuge haben Schäden hinterlassen.

Lauenburg. Die Helfer sind weg, die Sandsäcke und Schäden noch da: Nach Beendigung des Katastrophenalarms in den vom Hochwasser betroffenen Landkreisen entlang der Elbe schaffen Mitarbeiter von Entsorgungsfirmen jetzt die gefüllten Beutel weg. Privatleute dürfen sich ebenfalls bedienen. An den Deichen beginnen zudem die Reparaturarbeiten. Nicht nur Fahrzeuge haben Schäden hinterlassen, auch Bisamratten und Biber. Die Kosten gehen in die Millionen.

Nach tagelangen Einsätzen in Lauenburgs Altstadt hat Karsten Steffen jetzt wieder mehr an seinem Schreibtisch zu tun. Während Lauenburgs Bürgermeister Andreas Thiede (CDU) mit Schäden in Höhe von mehr als zehn Millionen Euro in den Gebäuden ausgeht, kann der Sprecher des Kreisherzogtums Lauenburg eine Kostenbilanz für den Hochwasser-Einsatz erst in vier bis sechs Wochen aufstellen, schätzt er. Schon jetzt steht aber fest: „Wir bewegen uns im Millionenbereich.“

Sobald ein Kreis Katastrophenalarm auslöst, kommt er für die Kosten auf: zum Beispiel für Kraftstoff der Feuerwehren, Hilfsdienste und der Bundeswehr, für Verdienstausfallentschädigungen der Arbeitgeber von Ehrenamtlichen, für Material und Kleidung.

Und für die Entsorgung der Sandsäcke. Allein 165.000 Euro netto kostet es den Kreis Herzogtum Lauenburg, die etwa 300.000 gefüllten Beutel loszuwerden. Den Auftrag dafür hat die Abfallwirtschaft Schleswig-Holstein GmbH bekommen. Seit Ende vergangener Woche holt die Firma die Säcke ab und bringt sie nach Wiershop bei Geesthacht. Dort werden sie geschreddert: Die Anlage trennt Sand und Jute respektive Kunststoff. Letzteres kommt in die Müllverbrennung, und aus dem Sand ziehen Mitarbeiter Proben: Sie suchen nach Verunreinigungen. „Ist er belastet, wird er deponiert“, erklärt Olaf Stötefalke von der Abfallwirtschaft. „Noch ist aber nicht klar, ob überhaupt etwas kontaminiert ist. Wir gehen auch nicht von einer hohen Kategorie aus.“ Was unbelastet ist, wird als Baustoff weiterverwendet, was nicht, bleibt in Wiershop. Als Sondermüll.

Ausschließlich sauberes Material hat der Artlenburger Deichverband zu entsorgen: Kein einziger seiner 1,3 Millionen Sandsäcke zwischen Walmsburg hinter Bleckede und Hoopte ist mit Elbwasser in Berührung gekommen. Die Pegelstände sind niedriger geblieben als zunächst prognostiziert, das Wasser hat weder die Deichkronen noch die aufgeschichteten Erhöhungen erreicht. Auch der palettenweise aufgestellte Nachschub ist nur vom Regen nass geworden.

Eingelagert und für das nächste Hochwasser aufbewahrt werden können die Säcke trotzdem nicht, erklärt Geschäftsführer Norbert Thiemann: „Die Jute verrottet nach ein paar Wochen, das Kunststoffgewebe zerbröselt durch UV-Einstrahlung spätestens nach einem Jahr.“

Wer Sandsäcke für den Privatgebrauch haben möchte, kann sich bedienen am linkselbischen Ufer im Bereich des Deichverbands. Wie viele Menschen von dem Angebot bislang Gebrauch gemacht haben, weiß Thiemann nicht, „wir hatten aber zahlreiche Anfragen und Anrufe.“

Gesammelt werden die Säcke zunächst auf Plätzen in Bleckede, Artlenburg, Avendorf und Radegast. Anschließend werden sie wie die aus Lauenburg geschreddert. Der Sand wird weiterverwendet – zum Beispiel im Deichbau.

Für den Verband heißt die Zeit nach dem Hochwasser auch: Vorräte wieder auffüllen. Rund 420.000 Säcke aus eigenen Beständen haben die Artlenburger und ihre Nachbarn laut Thiemann beigesteuert. Sand für neue zu bekommen ist wegen der zahlreichen Kiesgruben in der Region nicht das Problem, wohl aber die Beutel. Rund 25 Hersteller mag es in Deutschland geben – bei den vergangenen Fluten von 2002 und 2011 sind sogar Säcke aus Übersee geliefert worden, zum Beispiel aus Brasilien. Thiemann: „Da waren auch Kartoffel- und Zuckersäcke dabei.“

Der Preis pro Beutel sei derzeit immens hoch, liegt seinen Angaben zufolge bei rund einem Euro pro Stück anstelle der durchschnittlichen 25 bis 30 Cent. „Derzeit herrscht Materialmangel, Nachlieferungen sind fast auf null.“

Für kommenden Sonnabend hat Thiemann einen Aufruf an Landwirte gestartet, beim Abtransport der Paletten zu helfen. „Allein würden wir mit unseren fünf Bauhof-Mitarbeitern wie Don Quichotte kämpfen.“ Genug zu tun haben die Leute ohnehin an den Deichen selbst: Wege sind beschädigt, auf den Deichkronen haben Fahrzeuge tiefe Spuren hinterlassen, auch die Bereiche der Deichverteidigungswege auf Landseite haben stark gelitten.

Hinzu kommen die Schäden durch Bisamratten und Biber, die sich mit dem steigenden Wasserstand an höheren Stellen niedergelassen hatten. „Die Tiere ziehen sich mit dem Wasser zwar zurück“, sagt Thiemann. „Die Schäden aber bleiben.“ Allein bis zu 80 Bisambauten erwartet er, „und jeder kostet uns 800 Euro in der Reparatur“. Insgesamt überschlägt Norbert Thiemann die Kosten des Artlenburger Deichverbands für das diesjährige Hochwasser mit rund 1,3 Millionen Euro. „Wir sehen Unterstützungsbedarf aus jeder Richtung, besonders vom Land. Aber auch vom Kreis und vom Bund.“