Landtagsabgeordnete in Niedersachsen und Schleswig-Holstein wollen die Folgen des nächsten Elbhochwassers abmildern

Hannover/Kiel. Das Hochwasser sinkt, der Gesprächsbedarf steigt: Am Dienstag debattierten die Landesparlamente von Niedersachsen und Schleswig-Holstein über die Folgen der Flutkatastrophe. Fazit: Alle sind den Helfern äußerst dankbar und wollen mehr Überflutungsflächen schaffen, um den Hochwasserschutz verbessern. Wie das genau geschehen soll, ist allerdings noch nicht erkennbar. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig versprach recht unkonkret: „Wir richten den Blick auf die nächste Flut. Wir kümmern uns darum, dass etwas getan wird.“ Erst auf Nachfrage war zu erfahren, dass die Überlegungen von der Verbesserung der Kanalisation in der Stadt Lauenburg bis zum Bau einer Flutschutzmauer reichen.

Der Elbort stand im Zentrum der Kieler Flutdebatte. Teile der Stadt hatten wegen des Hochwassers evakuiert werden müssen. „Es war das erste Mal, dass das geschehen ist“, sagte Olaf Schulze (SPD), der Landtagsabgeordnete aus Geesthacht. „Wir müssen uns wirklich überlegen, wie man Lauenburg besser schützen kann.“

Eka von Kalben, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, kritisierte das Verhalten der Regierenden nach der Elbflut im Jahr 2002. Damals hätten die Bundesregierung und die Elbanrainer-Länderregierungen versprochen, den Flüssen mehr Raum zu geben. „Kaum waren die Pegelstände auf Normalnull zurückgegangen, da waren diese guten Vorsätze wieder vergessen“, sagte sie. In den folgenden elf Jahren seien keine nennenswerten Überflutungsflächen geschaffen worden.

Johannes Callsen, der CDU-Fraktionschef, lobte die von der CDU/FDP-Bundesregierung zugesagte schnelle Unterstützung. „Das ist ein wichtiges Signal für die Flutopfer in Schleswig-Holstein und in den anderen betroffenen Bundesländern“, sagte er. Nun müsse aus den erkannten Fehlern gelernt und gemeinsam die Weichen für einen modernen Hochwasserschutz in Lauenburg gestellt werden.

Der Landtagsabgeordnete Christopher Vogt (FDP) aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg kommend sagte: „In elf Jahren sind Teile der Lauenburger Altstadt zum vierten Mal überflutet worden, und die Abstände zwischen den Fluten werden leider kürzer.“ Die Landesregierung müsse auf den Tisch legen, was aus ihrer Sicht zur Sicherung der Altstadt nötig und in den kommenden Jahren zu finanzieren sei. „Wünschenswert wäre natürlich eine Art Schutzmauer, wie es sie einige Kilometer flussaufwärts in Hitzacker ja bereits gibt.“

Vogt kritisierte die stark schwankenden Prognosen zu den Pegelständen entlang der Elbe. „Ich habe mitbekommen, wie betroffene Anwohner zu Recht sehr sensibel auf die aktuellen Prognosen reagiert haben, die ja zum Teil von Tag zu Tag sehr unterschiedlich ausgefallen sind. Dies hat die Arbeit des Krisenstabs alles andere als erleichtert.“ Vogts Forderung: „Das Modell zur Prognose muss aus meiner Sicht dringend überarbeitet werden. Die Menschen vor Ort brauchen zukünftig bessere Daten, um sich entsprechend auf die Gefahrensituation vorzubereiten.“

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sieht offenkundig keinen Grund, sich in die Arbeit der Behörden vor Ort einzumischen. Er bestätigte sowohl den Katastrophenstäben wie den beiden Landräten Jürgen Schulz (Lüchow-Dannenberg) und Manfred Nahrstedt (Lüneburg) im Landtag: „Das Krisenmanagement hat optimal gearbeitet“. Niedersachsen sei aber auch deshalb „mit einem blauen Auge“ davon gekommen, weil anderswo Sperranlagen nicht hielten. „Machen wir uns nichts vor, der Deichbruch von Fischbeck hat den Druck auf unsere Deiche gelindert“, sagte er.

Ausdrücklich mit Blick auf die ungleich größeren Schäden in anderen Bundesländen warb er auch für die Beteiligung des Landes von rund 400 Millionen Euro am geplanten Fonds von Bund und Ländern: „Wir dürfen die betroffenen Bundesländer beim Wiederaufbau der Infrastruktur nicht allein lassen“. Alle vier Fraktionen stehen zu 20 Millionen Euro erster Nothilfe für die Betroffenen, die zum Teil schon ausgezahlt werden sollen, ehe der Landtag den Nachtragsetat im August verabschiedet. Mit weiteren zehn Millionen Euro greift das Land den betroffenen Kreisen bei den Kosten des Katastropheneinsatzes unter die Arme.

Dass ohne die nach dem Jahrhunderthochwasser von 2002 gebauten Deiche die neue Rekordflut verheerende Schäden angerichtet hätte, darüber waren sich die Fraktionen weitgehend einig. Dies galt auch für die Einschätzung, dass mit neuen Rekordhochwassern gerechnet werden muss und weitere Deichverstärkungen und die Rückverlegung von Deichen notwendig sind, um dem Fluss mehr Raum zu geben.

Stephan Weil würdigte ausführlich die Arbeit der insgesamt rund 10.000 Helfer in den beiden Landkreisen an der Elbe. Sein Kollege Torsten Albig ging noch einen Schritt weiter: Er will einen Orden stiften.