Erstmals seit 2007 ermittelt die Kieler Staatsanwaltschaft gegen einen Volksvertreter

Kiel. Erstmals seit 2007 ermitteln schleswig-holsteinische Staatsanwälte wieder in einem Fall von Abgeordnetenbestechung. Das berichtete der Generalstaatsanwalt Wolfgang Müller-Gabriel am Donnerstag bei der Vorlage des aktuellen Korruptionsberichts. Details nannte er nicht. Nur so viel: Es handele sich nicht um einen Landtagsabgeordneten, sondern um einen Gemeindevertreter.

Insgesamt ist die Zahl derjenigen, denen ein Korruptionsdelikt vorgeworfen wird, im vergangenen Jahr angestiegen, die Zahl der Delikte aber gesunken. 2011 waren es 235 Beschuldigte mit 154 Delikten, 2012 waren es 297 Beschuldigte mit 122 Delikten. Für den Generalstaatsanwalt sind das "keine dramatischen Zahlen". Die Gesamtbetrachtung der vergangenen Jahre zeige, dass die Verfahrens- und Beschuldigtenzahlen durch einzelne Tatkomplexe rasch in die Höhe schnellen könnten.

Derzeit ist die Staatsanwaltschaft zum Beispiel mit einem Korruptionsfall im Verkehrsbereich beschäftigt. Der Beschuldigte leitete früher die Führerscheinstelle einer der elf schleswig-holsteinischen Kreisverwaltungen. Dem Mann wird unter anderem Bestechlichkeit in 23 Fällen zur Last gelegt. Er soll Führerscheine verkauft haben. Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet sind auf diese Weise in den Besitz einer Fahrerlaubnis gekommen. Der Leiter der Führerscheinstelle soll für seine Dienste von einem Vermittler Beträge in Höhe von 250 bis 1500 Euro bekommen haben. Auf diese Weise, so die Staatsanwaltschaft, habe er sich eine dauerhafte Einnahmequelle neben seiner Angestelltenvergütung verschafft.

Außerdem wird dem Mann angelastet, zwei Transportunternehmen unter Umgehung der rechtlichen Voraussetzungen Ausnahmegenehmigungen vom Sonntags-, Feiertags- und Ferienfahrverbot erteilt zu haben. Als Gegenleistung habe sich der Beschuldigte aus dem Warenangebot der Spediteure bedienen können, zum Beispiel bei Blumen und Pflanzen.

Der Kampf gegen die Korruption hat übrigens auch einen nicht unerheblichen finanziellen Aspekt. Der Staat kann rechtswidrig entstandene Gewinne abschöpfen. Im vergangenen Jahr flossen auf diese Weise rund 2,6 Millionen Euro in die Landeskasse.

In Fällen von Korruption ermittelt in Schleswig-Holstein eine fachübergreifende Einheit, die aus 41 Mitarbeitern von Staatsanwaltschaft und Polizei besteht.