Antje Kosemund erhält Bundesverdienstkreuz. Seit 25 Jahren erinnert sie an die Euthanasie-Opfer

Hamburg. Dass ihre kleine Schwester Irma nach Wien deportiert und dort mit 13 Jahren ermordet wurde, fand Antje Kosemund durch Zufall heraus. Seitdem engagiert sich die Hamburgerin für das Gedenken der Euthanasie-Opfer während der NS-Diktatur. Dieser Einsatz wurde jetzt gewürdigt: Am Montag überreichte ihr die zweite Hamburger Bürgermeisterin Dorothee Stapelfeldt das Bundesverdienstkreuz.

Die behinderte Irma Sperling wurde 1943 aus den Alsterdorfer Anstalten nach Wien deportiert. Am 8. Januar wird sie in der Tötungsanstalt "Am Spiegelgrund" ermordet. Antje Kosemund engagierte sich zeitlebens für das Andenken der Euthanasie-Opfer. Seit mehr als 20 Jahren ist sie Mitglied im Bund der Antifaschisten, sie hält Vorträge in Schulen und Einrichtungen und hält Lesungen aus ihrem Buch "Sperlingskinder".

Dreimal ist Irma Sperling mittlerweile beerdigt worden. 1944 wurde ihr Körper in einem Massengrab in Wien verscharrt. Ihr Gehirn setzte man 1996 auf dem Ohlsdorfer Friedhof bei. Ein Gehirnschnitt der kleinen Irma ist 2002 in Wien beerdigt worden.

Das ihr verliehene Bundesverdienstkreuz steht für ein Anliegen, dem Antje Kosemund seit 1988 folgt: das Vergessen der Euthanasie-Morde unmöglich zu machen. "Das habe ich erreicht, es fehlt nichts mehr", sagte Antje Kosemund bei der Verleihung im Rathaus. Zur Ruhe setzten möchte sich die 85-Jährige nicht. Sie will weiter Vorträge halten und als Zeitzeugin unermüdlich an die Verbrechen der NS-Diktatur erinnern.