Pkw-Maut, höhere Kfz-Steuer - Kommission entwickelt Ideen zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten. 5,3 Milliarden Euro werden benötigt, um die Straßen im Land zu reparieren.

Kiel/Hamburg. Hamburgs Landesstraßen müssen gesperrt werden, weil kein Geld vorhanden ist. Schlaglöcher, die der Winter in die Straßen der Städte gerissen hat, sind im Sommer immer noch da. Auf Autobahnen müssen schon wieder einzelne Betonplatten erneuert werden, weil eine dauerhafte Sanierung der Fahrbahn gerade nicht bezahlt werden kann. Das Asphalt-Elend ist mittlerweile überall sichtbar: vor der Haustür, auf dem Weg zur Arbeit, bei Fahrten in den Urlaub. Eine Kommission hat jetzt ausgerechnet, dass jährlich 5,3 Milliarden Euro benötigt werden, um die Straßen im Land zu reparieren. Und sie hat auch gesagt, von wem das Geld kommen soll: von den Bürgern.

Die Verkehrsminister des Bundes und der Länder haben das Gutachten in Auftrag gegeben. Reden möchten sie über das Ergebnis nicht - jedenfalls nicht jetzt. "Wir wollen konkrete Umsetzungsvorschläge erarbeiten und damit die Koalitionsverhandlungen beeinflussen, die es nach der Bundestagswahl im September geben wird", sagt Reinhard Meyer (SPD), Verkehrsminister des Landes Schleswig-Holstein.

Wer den Bericht der sogenannten Daehre-Kommission liest, der ahnt, warum das so ist. Alle Vorschläge, wie mehr Geld in die Kassen kommen könnte, gehen zulasten der Bürger. Zum Beispiel die Erhöhung der Kfz-Steuer. Zehn Prozent Anhebung bringen rund 750 Millionen Euro ein, heißt es. Vorteil: "Unbürokratische Generierung eines beträchtlichen Aufkommens". Nachteil: "Fehlende Veranlagung nicht in Deutschland zugelassener Fahrzeuge". Rein rechnerisch müsste die Kfz-Steuer allerdings um mehr als 70 Prozent erhöht werden, um 5,3 Milliarden Euro einzubringen.

Ertragreich wäre auch die Ausweitung der Lkw-Maut auf Lastwagen ab 3,5 Tonnen, wenn sie zugleich fürs gesamte Straßensystem gilt. 4,4 Milliarden Euro würde man damit einnehmen. Vorteile: "Keine Ausweichverkehre mehr" auf Straßen, die jetzt noch ohne Maut befahren werden können. Nachteil: "Höhere Belastung des Gewerbes".

Die Lkw-Maut ließe sich auch auf Pkw erweitern. Vorteil laut Daehre-Kommission: "EU-konforme Einbeziehung der nicht in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge möglich". Zwei Varianten sind denkbar: eine Pauschale analog zur Autobahnvignette in Österreich oder eine entfernungsabhängige Maut, wie sie heute schon von Lkw auf deutschen Autobahnen bezahlt werden muss. Bei der Pauschale rechnet die Kommission mit Einnahmen von 41 Millionen Euro je Euro Vignettengebühr.

Eine Pkw-Maut, die sich nach gefahrenen Kilometern berechnet und auch für Landes- und Kreisstraßen gilt, könnte etwa vier Milliarden Euro einbringen. Allerdings gehen allein zehn Prozent der Einnahmen fürs Einkassieren der Maut drauf.

Denkbar wäre auch, einfach die Haushaltsmittel anzuheben, um die Finanzierungslücke zu schließen. Mit anderen Worten: Der Bund kürzt an anderer Stelle Ausgaben. Doch auch diese Rechnung bezahlt am Ende der Bürger mit seinen Steuern oder mit Wegfall von staatlichen Leistungen.

Ganz wichtig ist es der Kommission, auch eine Lösung für den Sanierungsstau auf kommunalen Straßen zu finden. Allein dort fehlen 2,15 Milliarden Euro. Eine Pkw-Maut würde zumindest zu Teilen in ihre Kassen fließen. Hinzu kommen könnten laut Kommission eine Nahverkehrsabgabe für Unternehmen ("Veranlagung mit Gewerbesteuer"), eine Citymaut oder jährlich wiederkehrende Anliegergebühren.

Karl-Heinz Daehre sagt, seine Kommission habe mit den Vorschlägen einen "Instrumentenkasten" vorgelegt, dessen Bestandteile nun auf ihre "politische Umsetzbarkeit hin geprüft" werden müssten. Dazu ist eine neue Kommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Bundesverkehrsministers Kurt Bodewig gebildet worden. Sie soll ihren Bericht mit konkreten Handlungsempfehlungen wenige Tage nach der Bundestagswahl im September vorlegen.

Wie groß der Widerstand gegen Daehres Reformen sein könnten, ist ausgerechnet der Pressemitteilung eines Mitglieds seiner Kommission zu entnehmen. Frank Horch, Hamburger Wirtschaftssenator, meldete sich nach Veröffentlichung des Abschlussberichts zu Wort. "In voller Übereinstimmung mit den von uns in der Kommission vertretenen Ländern Berlin, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein spreche ich mich weiterhin klar gegen die Einführung einer Pkw-Maut aus. Auch andere Instrumente, zum Beispiel die Citymaut, werden von Hamburg nicht mitgetragen. Skeptisch bin ich auch gegenüber dem Vorschlag, die Lkw-Maut auf das nachgeordnete Straßennetz auszuweiten", schreibt Frank Horch. Stattdessen möchte der Hamburger Wirtschaftssenator lieber prüfen lassen, "welche Einsparmöglichkeiten es beim Bau und der Unterhaltung der Infrastruktur gibt."