Alle Spenden des Benefizmusikfestivals kommen Schwerstkranken zu. Es werden die kompletten Einnahmen plus Zinsen gespendet, nicht “nur“ die Erlöse. Ein Besuch bei Organisator Rolf Heidenberger.

Appen. Geht nicht, gibt's nicht. Auf diesen Slogan einer Baumarktkette hat Rolf Heidenberger kein Copyright, aber das würde er notfalls auch klarmachen. Heidenberger, 62, sitzt in seinem kleinen Arbeitszimmer in Appen (Kreis Pinneberg). Hier unterm Dach des Dreifamilienhauses ist die Schaltzentrale von Deutschlands größter ehrenamtlicher Benefizveranstaltung. Während der Charity-Musik-Show am morgigen Sonnabend in der Sporthalle der 5800-Einwohner-Gemeinde soll in Sachen Spenden von "Appen musiziert" die Fünf-Millionen-Euro-Grenze geknackt werden. Jeder Cent, so die eiserne Regel bei der Veranstaltungsreihe, kommt schwerstkranken Kindern zugute. Denn es werden die kompletten Einnahmen plus Zinsen gespendet, nicht "nur" die Erlöse.

Heidenberger ist Erfinder, Frontmann und Taktgeber von "Appen musiziert" als Veranstaltung des Spielmannszugs der Freiwilligen Feuerwehr - und löst gerade wieder ein Problem. Mehr als 200 ehrenamtliche Helfer werden am Sonnabend am Veranstaltungsort im Einsatz sein. Das sind angesichts des Andrangs von fast 3000 Besuchern noch zu wenige. "Wir sind praktisch ausverkauft, haben nur noch wenige Restkarten an der Abendkasse", sagt Heidenberger, "jetzt brauchen wir mehr Helfer vor der Halle." Der 62-Jährige verfügt über ein schier grenzenloses Netzwerk; kennt immer einen, der einen kennt, der helfen kann. So auch jetzt. Ein Anruf bei Oberst Klaus-Christian Kuhle, Kommandeur der Appener Unteroffizierschule der Luftwaffe, und zehn Minuten später hat Heidenberger die Zusage, über zehn Soldaten als Helfer verfügen zu können. "Das funktioniert, weil wir für jede Spende und jede Unterstützung Danke sagen", so Heidenberger. "Mr. Appen musiziert", wie er genannt wird, kennt über seine Kontakte in der Region hinaus mittlerweile Stars und Sternchen aus ganz Deutschland persönlich. Längst muss er nicht mehr darum bitten, dass die Künstler für die gute Sache in Appen auftreten. Ohne Gage, versteht sich. Diesmal werden ab 18 Uhr unter vielen anderen die Les Humphries Singers, Katja Ebstein und Claudia Jung singen. Übernachten werden die Künstler dank des Engagements der Block-House-Gruppe im Hamburger Fünf-Sterne-Hotel Elysée.

Die Chronik der Solisten und Gruppen, die schon bei "Appen musiziert" zu Gast waren, liest sich wie ein "Who's who" der Schlager- und Unterhaltungsbranche. Torfrock und die Wildecker Herzbuben waren ebenso dabei wie Michael Holm, Klaus & Klaus und Karat. Die inzwischen verstorbenen Künstler Heidi Kabel und Drafi Deutscher hatte Heidenberger in der Vergangenheit ebenso nach Appen geholt wie als Moderatoren Jo Brauner und Dagmar Berghoff. Auf der Bühne wird am Sonnabend Radio-Mann Jan Bastick vom NDR die Übergabe der größten Einzelspenden moderieren. Was das angeht, lässt der "Appen musiziert"-Macher die Katze noch nicht aus dem Sack, aber es ist von verschiedenen Spenden im fünfstelligen Bereich die Rede.

Alles Geld landet bei den krebskranken Kindern und deren Familien. Aber zuerst bei Petra Frischkorn. Die Bilanzbuchhalterin kümmert sich seit vielen Jahren um die Finanzen des Spielmannszugs und damit auch von "Appen musiziert". Von der ganzen Show bekommt Petra Frischkorn absolut nichts mit, wenn sie in einem geschlossenen Raum das Geld zählt.

Eine ganz lange Nacht wird es nach der Veranstaltung für Spediteur Klaus Fock, der im Vorwege Hunderte Stühle in die Halle gebracht und aufgestellt hat. Wenn das Rampenlicht ausgegangen ist, packen Fock und seine Mitstreiter bis zum frühen Morgen beim Aufräumen an. "Mitzumachen, ist für mich selbstverständlich. Rolf Heidenberger braucht gar nicht mehr zu fragen", sagt der Spediteur. Wenn "Appen musiziert" ruft, lautet Jahr für Jahr das Motto: "Ein Dorf hilft." "Es ist mir eine große Ehre, dass ich mithelfen darf", hat Klaus Lund, der an der Abendkasse eingesetzt wird, an Rolf Heidenberger geschrieben. Keine Frage, dass die Mitglieder des Spielmannszuges und der Freiwilligen Feuerwehr in voller Stärke mitmachen. Dabei erlebt der Ort in diesem Jahr nur die kleine Variante von "Appen musiziert". Als 2009 mehr als 20.000 Menschen zum Ganztagsevent kamen, ging im Dorf gar nichts mehr. Mehr als 300.000 Besucher wurden seit 1990 bei 27 Veranstaltungen gezählt.

"Innenminister Andreas Breitner wird mit Landesbrandmeister Detlef Radtke herumgehen und den Helfern danken. Das ist wichtig", so der Hauptorganisator der Veranstaltung, von der er sagt, dass sie längst "eine Marke" sei.

Dafür, dass die Künstler ihre Wunsch-Häppchen bekommen und die vielen Helfer etwas Kräftiges zur Stärkung, sorgt Anne Schäfer mit ihrem Team. Die Leiterin des Seniorenheims in Appen organisiert die Zubereitung von Lunchpaketen und das Catering. Selbstverständlich kostenlos und ehrenamtlich. "Das ist und bleibt keine Eintagsfliege. Für das Projekt ist es wichtig zu wissen, welche Unterstützung es gibt", sagt Anne Schäfer.

Rolf Heidenberger weiß, was er an allen Helfern hat. "Ich könnt schon heute nach der Veranstaltung für 2016 fragen - und wüsste, dass alle wieder mitmachen und die Halle voll wird."