28- Jahre alter Angeklagter gesteht die Entführung und mehrfache Vergewaltigung der 17-jährigen Rebecca aus Rostock. Bei einem Urteil könnte der vorbestrafte Peiniger in Sicherheitsverwahrung kommen.

Rostock. Fünf Monate nach der Entführung und Vergewaltigung der 17-jährigen Rebecca hat am Montag am Landgericht Rostock der Prozess gegen ihren mutmaßlichen Peiniger begonnen. Der 28 Jahre alte Mario B. ist angeklagt, die Jugendliche im Oktober vergangenen Jahres auf ihrem nächtlichen Heimweg von der Disco überfallen, in seine Wohnung verschleppt und dort mehrmals vergewaltigt zu haben.

Der mehrfach Vorbestrafte ist weitgehend geständig. Sein Verteidiger deutete zu Prozessbeginn ein umfassendes Geständnis seines Mandanten an. Damit könne dem Opfer eine Aussage vor Gericht erspart werden. Der Richter verwies nach Verlesung der Anklage darauf, dass bei einem Urteil die Unterbringung des Mannes in einer psychiatrischen Klinik oder auch Sicherungsverwahrung infrage kommen. Daraufhin wurde der Prozess auf Antrag des Verteidigers unterbrochen.

Rebecca war nach fast vier Tagen die Flucht gelungen. Sie war aus dem Fenster der Wohnung in einem Rostocker Vorort gesprungen und hatte einen Autofahrer angehalten, der sie zur Polizei gebracht hatte.

Entsetzen über Rebeccas Leidenszeit

Viele Besucher im voll besetzten Gerichtssaal des Rostocker Oberlandesgerichts schütteln den Kopf oder schlagen die Hände vors Gesicht, als der Staatsanwalt am Montag die Anklage gegen Rebeccas Peiniger verliest. Demnach hat der geständige B. die Schülerin im Oktober 2012 auf ihrem nächtlichem Weg von der Disco zu einem Freund im Stadtteil Dierkow mit dem Fahrrad angefahren. Aber nicht absichtlich, darauf besteht der schmächtig wirkende Angeklagte.

In der menschenleeren Gegend kommt es laut Anklage gleich an Ort und Stelle zur ersten Vergewaltigung. Anschließend schleppt der mehrfach vorbestrafte Mann die wegen einer Messerverletzung stark blutende Rebecca mehrere hundert Meter weit zu seiner Wohnung.

Was in den kommenden fast vier Tagen passiert, sprengt die Vorstellungskraft der meisten Menschen. Er zieht Rebecca aus – sie trägt die nächsten Tage keine Kleidung mehr. Er vergewaltigt sie - sie wehrt sich mit Händen und Füßen, sagt der Angeklagte. Er fesselt sie mit Kabeln und Klebeband, lässt sie stundenlang so liegen. Als ihr die erste Flucht misslingt, schlägt er ihr mehrmals ins Gesicht.

Nach vier Tagen gelingt Rebecca nur in eine Decke gehüllt, der Sprung aus dem Fenster der abgedunkelten Erdgeschoss-Wohnung. Mario B. hatte sie alleingelassen, um Plasma zu spenden. Auf der Straße kann sie einen Autofahrer ansprechen. Ihr Martyrium ist zu Ende.

„Irgendwann wird sie es auch verarbeiten“

Unbekannt ist, wie es Rebecca heute fünf Monate nach Tat geht. „Sie muss mit der Tat leben, und irgendwann wird sie dies auch verarbeiten“, sagt am Montag ihr anwaltlicher Beistand Jens Kasch. Die junge Frau war zum Prozessauftakt nicht im Gerichtssaal. Ob sie in der Verhandlung als Zeugin aussagen muss, ist unklar.

Der als Jugendlicher auch wegen eines Sexualdelikts vorbestrafte Mann räumt im Gericht die Taten ein. Allerdings sei er von Alkohol und Drogen zugedröhnt gewesen und erinnere sich nur bruchstückhaft. Er schafft es aber, in diesen Tagen zweimal zu einem Verein zu gehen, der sich um die Wiedereingliederung von Straftätern kümmert.

Vor Gericht gelingt es dem Mann mit mehrjähriger Hafterfahrung nicht, zentrale Fragen zu beantworten. „Wie wollten Sie die Situation wieder auflösen?“, fragt der Vorsitzende Richter. Mario B., der nach seiner Entlassung aus der Haft unter juristischer Führungsaufsicht stand, sagt, die viele Polizei in der Gegend habe ihn abgeschreckt.

Er wusste um die Folgen schon der ersten Tat. Er dachte sich, er könne etwas gut machen, wenn die Verletzungen verheilt seien. „Irgendwann wollte ich sie wieder gehen lassen – so nach einer Woche“, versichert er. Nein, töten wollte er Rebecca nicht, das waren wohl seine klarsten Worte an diesem Montag. Er sagt, er sei froh gewesen, als mit seiner Festnahme alles zu Ende war.

Warum er ausgerechnet an diesem Tag das Messer dabei hatte, kann der 28-Jährige nicht erklären. Warum musste Rebecca nackt sein? Warum hat er sie vergewaltigt, wenn er die Heilung ihrer Schnittwunden abwarten wollte? Ein ums andere Mal kommt die Antwort: „Weiß ich nicht.“ Auch die Frage nach Mitleid angesichts des bedauernswerten Zustands seines Opfers bleibt unbeantwortet.

„Ich erlebe ihn reuig und voll der Scham“, sagt sein Anwalt Henning Köhler. Mario B. sei beeindruckt von der Haft und dem Medienrummel. Eine Entschuldigung kommt ihm nicht über die Lippen. Aufgrund seiner Vorstrafen müsse er nun damit rechnen, in einer psychiatrischen Klinik untergebracht zu werden, Sicherungsverwahrung komme auch infrage, sagt der Richter in einem rechtlichen Hinweis.

Der Prozess wird am kommenden Dienstag fortgesetzt. Insgesamt sind noch drei Verhandlungstage angesetzt.