30 Zentimeter über dem Abgrund steht das Domizil eines Hamburgers bei Travemünde

Travemünde. Es ist ein Haus, dem sprichwörtlich der Boden unter dem Fundament weggezogen wird: Der Beton, auf dem der hölzerne Wintergarten des Ferienhäuschens am Brodtner Steilufer bei Travemünde steht, ragt knapp 30 Zentimeter über den Abgrund hinaus. Siebzehn Meter geht es in die Tiefe. Noch ein paar Monate, vielleicht auch ein paar Jahre - und das Haus stürzt ins Meer.

Die Stadt Lübeck weiß um die Gefahr und hat bereits reagiert. "Wir haben dem Eigentümer die Nutzung des Ferienhauses untersagt", sagt Sprecher Marc Langentepe. Der Eigentümer, ein Hamburger, den das Abendblatt am gestrigen Montag leider nicht erreichte, sei seinen Pflichten auch bereits nachgekommen und habe das Gelände abgesperrt sowie entsprechende Warnschilder aufgestellt.

Gebaut wurde das kleine Haus im Jahr 1931. Damals lag es noch rund 40 Meter von der Abbruchkante entfernt. Doch das raue Küstenklima sorgte dafür, dass immer wieder große Teile des Erdreichs ins Rutschen kamen. "Im Februar 2011 war die Kante noch etwa sechs Meter entfernt", sagt Sprecher Langentepe. Doch schon ein Jahr später stand der Wintergarten am Abgrund.

Pech für den Eigentümer, der das Haus nun zügig auf eigene Kosten abreißen muss. "Das ist höhere Gewalt", sagt der Sprecher der Stadt Lübeck. Mit einer Entschädigung kann der Hamburger nicht rechnen, er haftet für sein Eigentum.

Das kleine Ferienhaus ist nicht das einzige Gebäude, das am Brodtner Steilufer in Gefahr ist. Neben dem Uferwanderweg, der in der Vergangenheit schon häufiger verlegt werden musste, wird auch das langjährige Jugendhaus Seeblick irgendwann der Natur Platz machen müssen.

Im September hat die SPD-nahe Jugendorganisation Die Falken das Haus übernommen. Zehn Meter bleiben dem historischen Gebäude noch, bei dem der frühere Bundeskanzler Willy Brandt persönlich einige der Steine verlegt haben soll. Auch das weiter östlich gelegene Ausflugslokal Hermannshöhe rückt dem Steilufer Jahr für Jahr ein Stück näher. "Wenn Schluss ist, ist Schluss", sagt Inhaber Marcus Fey. Versetzen sei zu teuer, das lohne sich nicht. "Aber 30 bis 40 Jahre werden uns hoffentlich noch bleiben."

Und so sorgt die Lage des Ferienhäuschens am Brodtner Steilufer erst einmal weiter für staunende Gesichter bei den Spaziergängern.