Die “Gorch Fock“ liegt derzeit im Hafen von Las Palmas auf Gran Canaria. Mit Michael Gmelch ist erstmals ein Militärgeistlicher an Bord.

Kiel/Las Palmas. 21 Grad Celsius und wenig Wind, die Sonne scheint über Las Palmas auf Gran Canaria. An der Pier des Marine Arsenals liegt derzeit die "Gorch Fock", das Segelschulschiff der Deutschen Marine. Es ist die erste Ausbildungsfahrt der Dreimastbark nach dem tödlichen Unfall einer Kadettin vor mehr als zwei Jahren. 220 Offiziersanwärter werden in den nächsten Monaten ausgebildet, bis alle Handgriffe an den 23 Segeln sitzen.

Während die Segelvorausbildung beginnt, steht am Rand einer Kadettengruppe ein bärtiger Mann, der ein kleines Schild auf seinem Hemd trägt. Darauf steht: Dr. Dr. Gmelch.

Es ist nicht der Schiffsarzt, sondern der katholische Militärdekan Michael Gmelch von der Offiziersschule der Marine in Flensburg-Mürwik. Der 53-Jährige ist der erste Militärgeistliche, der nach den tödlichen Unglücken im Jahr 2008 und 2010 auf der "Gorch Fock" arbeitet - entsandt von der Katholischen Militärseelsorge. Die Soldaten selbst äußerten den Wunsch nach stärkerer kirchlicher Begleitung. Gmelchs erstes Fazit fällt positiv aus: "Es herrscht eine gute Stimmung an Bord." Alle freuten sich, dass es nun wieder richtig losgehen kann.

"Gut, dass Sie da sind!" Das hört der Geistliche seit seiner Ankunft häufiger. Vor gut einer Woche wurde er von Kommandant Helge Risch und dem 1. Schiffsoffizier herzlich begrüßt. "Die Mitglieder der Stammbesatzung", sagt Michael Gmelch, "haben mir gleich das Gefühl gegeben, dass sie die Präsenz des Seelsorgers an Bord schätzen."

Und dann trafen Anfang dieser Woche 96 Offiziersanwärter aus Deutschland ein, um ihre Segelvorausbildung zu beginnen. Einer berichtet: "Man steigt in den Flieger, und wenig später ist man an Bord. Das alles ist irgendwie unwirklich auf den ersten Blick." Viel hätten sie von der "Gorch Fock" gehört. Sie sei "ein Mythos".

Umso mehr waren die jungen Soldaten froh, nach ihrer Ankunft bei so viel neuen Eindrücken auf ein bekanntes Gesicht zu treffen: Militärdekan Gmelch. Sie kennen ihn bereits von der Marineschule, zum Beispiel aus dem Ethikunterricht über das Thema "Eid und Gelöbnis". Solche Vertrautheit strahlt auf die tägliche Arbeit des Geistlichen aus. "Da muss man nicht erst das Eis brechen."

Gmelch führt täglich viele Gespräche. Hört zu. Spricht die Männer und Frauen an. Lernt selbst immer etwas Neues hinzu. Nur gelegentlich kommen die früheren Unglücke zur Sprache. Für manche bei der Marine ein Trauma. "Natürlich", sagt der katholische Geistliche, "sind bestimmte Dinge nicht vergessen." Aber jetzt, so seine seelsorgerliche Erfahrung, konzentriert sich die Energie der gesamten Besatzung darauf, in die Zukunft zu schauen - und das Beste zu geben. Zumal die Tagesabläufe in der Segelvorausbildung und die Dienstzeiten auf See von früh bis spät eng getaktet sind. In kurzer Zeit muss alles wie am Schnürchen laufen. Zeit für große Diskussionen? Zeit zur quälenden Rückschau? Jetzt, mehr als zwei Jahre danach, stehen andere Dinge im Vordergrund. Denn die See, das weiß jeder auf dem Schiff, verzeiht keine Fehler.

Damit das Unfallrisiko für die Soldaten sinkt, wurde schon längst die Segelausbildung überarbeitet. Es gibt Sicherungen in der Takelage und einen Übungsmast an Land. Die Gefährdung, sagt Kommandant Risch, sei erheblich reduziert. Und fügt hinzu: "Was nicht heißt, dass es risikolos ist." Viel Zeit und Herzblut, ergänzt der Militärpfarrer, wurden in neue Ideen zur Sicherheit investiert.

Bis zum 5. Februar bleibt der katholische Geistliche auf dem 54 Jahre alten Segelschulschiff. Er wird fast jeden Tag den vorgeschriebenen Lebenskundlichen Unterricht erteilen, an den Sonntagen zum Bordgottesdienst einladen und danach zum zwanglosen "Kirchencocktail". Wenn der katholische Geistliche das Feld geräumt hat, kommt turnusmäßig ein evangelischer Militärseelsorger. "Es wird eine Kombination von kürzeren Aufenthalten der Geistlichen an Bord und Seelsorgeangeboten direkt vor Ort in den Häfen geben", sagt Walter Linkmann, Sprecher der Evangelischen Militärseelsorge.

Michael Gmelch ist schon ein bisschen stolz darauf, Seelsorger gerade unter diesen Segeln zu sein. "Die 'Weiße Lady' ist ein besonderes Schiff", sagt er. Schließlich sei sie das maritime Aushängeschild Deutschlands. Er selbst wird alles daran setzen, dass die "Gorch Fock" allzeit gute Fahrt hat. Bevor sie am 5. Februar den Hafen von Las Palmas verlässt, gibt Gmelch seinen Reisesegen. Vielleicht mit einem alten Gebet der Iren: "Der Herr sei vor dir, um dir den rechten Weg zu weisen."