David McAllister ist zwar beliebter als sein Herausforderer Stephan Weil, aber die FDP dürfte an der Fünfprozenthürde scheitern.

Hannover. Für sein Statement zur neuen Umfrage des Norddeutschen Rundfunks hat SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil die Medienvertreter am Donnerstag in den Eingangsbereich des Landtags gebeten, direkt am Hauptportal. Ob der Ort nun aus Zeitnot gewählt war oder ein tieferer Sinn dahintersteckte, blieb offen. Aber die Zahlen lassen es immer wahrscheinlicher werden, dass Weil am Wahlabend des 20. Januar 2013 genau dort nicht nur die Stufen der mächtigen Außentreppe, sondern auch die Karriereleiter hinaufsteigen kann, um sich drinnen im Leineschloss als künftiger Ministerpräsident feiern zu lassen.

Es wäre dies nach zehn Jahren unter den Christdemokraten Christian Wulff und David McAllister zugleich ein nicht zu überhörender Warnruf für die schwarz-gelbe Bundesregierung, die sich im September 2013 Neuwahlen stellen muss. Die Ergebnisse der Umfrage, die gestern veröffentlicht wurden, legen nahe, dass die Dauerquerelen im Bündnis von CDU und FDP auf der Bundesebene den beiden Landesverbänden die Wahlchancen verhageln. Sowohl bei den Fragen zur Sachkompetenz wie auch im direkten Vergleich der Spitzenkandidaten liegt schwarz-gelb eindeutig vorn, aber bei der alles entscheidenden Sonntagsfrage hat sich der vom Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap vor vier Wochen prognostizierte Trend noch verstärkt. Erneut scheitern FDP, Linke und Piraten mit drei Prozent deutlich an der Fünfprozenthürde. Die CDU verliert einen Prozentpunkt, liegt mit 40 Prozent aber weiter deutlich vor der SPD, die ebenfalls einen Prozentpunkt verliert - auf 33 Prozent. Die Grünen aber legen um zwei Prozentpunkte auf 15 Prozent zu. Selbst wenn also die CDU mit Leihstimmen die FDP über die Fünfprozenthürde hievt, so hat dennoch Rot-Grün (48 Prozent) die Nase deutlich vor Schwarz-Gelb (43 Prozent).

Mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP und Grünen hat der Landtag gestern beschlossen, angesichts sprudelnder Steuerquellen die Nettoneuverschuldung im laufenden wie im kommenden Jahr um zusammen 855 Millionen Euro zu senken. Ein Indiz dafür, wie gut das Land dasteht, ist auch das aktuell zweithöchste Wirtschaftswachstum gleich hinter Bayern. Folgerichtig sind 52 Prozent der Befragten zufrieden mit der Wirtschaftspolitik der CDU/FDP-Landesregierung unter dem Ministerpräsidenten McAllister. Dieser Wert ist ähnlich hoch wie 2008, als die Wähler die Vorgängerregierung unter Christian Wulff deutlich im Amt bestätigten. Schaut man allerdings genauer hin, dann sind 53 Prozent mit der Regierungsarbeit der CDU sogar sehr zufrieden, aber nur 17 Prozent urteilen ähnlich über die FDP.

Die CDU hat ihren Wahlkampf sogar noch stärker als zu den Zeiten von Wulff ganz auf den Spitzenkandidaten McAllister zugeschnitten, der laut Umfrage nun auch tatsächlich seinen Herausforderer, den hannoverschen Oberbürgermeister Weil regelrecht deklassiert. 95 Prozent der Niedersachsen kennen den Regierungschef, 68 Prozent sind mit ihm zufrieden oder sehr zufrieden. Nur 63 Prozent dagegen kennen den Herausforderer, nur 34 Prozent sind mit dessen Arbeit zufrieden oder sehr zufrieden. Und ob nun Wirtschaftskompetenz, Sympathie, Auftreten in der Öffentlichkeit und Glaubwürdigkeit, stets rangiert McAllister mit weitem Abstand vor Weil, der nur beim Themenfeld soziale Gerechtigkeit bessere Noten erhält.

Problem der CDU: Trotzdem wünschen sich laut Umfrage aktuell 49 Prozent der Wähler eine SPD-geführte Landesregierung - das sind sieben Prozentpunkte mehr als noch im November. Und nur 42 Prozent hätten lieber eine CDU-geführte Landesregierung. Gefragt nach der gewünschten Koalitionsregierung liegt Rot-Grün zudem mit 56 Prozent sehr deutlich vor Schwarz-Gelb mit 28 Prozent. Folgerichtig jubelte gestern SPD-Spitzenmann Weil: "Es gibt eine klare Wechselstimmung, wir liegen jetzt deutlich vor dem Wettbewerber." CDU-Generalsekretär Ulf Thiele kommentierte den Vorsprung seiner Partei vor der SPD: "Wir sind klar die stärkste Kraft in Niedersachsen. Ministerpräsident McAllister ist bekannt und beliebt im Land."

Im Mai dieses Jahres hat die FDP erst in Schleswig-Holstein unter Wolfgang Kubicki und dann in Nordrhein-Westfalen unter Christian Lindner nach einer vorangegangenen Serie von Niederlagen den Wiedereinzug in die Landtage in Kiel und Düsseldorf geschafft - vor allem wegen der hohen Bekanntheit der Spitzenkandidaten. Stefan Birkner, Umweltminister und FDP-Landesvorsitzender, kann da nicht mithalten. Ihn kennen nur 43 Prozent der Niedersachsen und nur 17 Prozent sind mit seiner Arbeit zufrieden. Stefan Wenzel, Spitzenkandidat der Grünen, kennen 45 Prozent, 22 Prozent äußern sich zufrieden.

Der Korruptionsverdacht gegen McAllisters Vorgänger Wulff war nicht Thema der Umfrage. Aber Richard Hilmer, Chef von Infratest dimap, hält es für möglich, dass auch dieses Thema Einfluss auf den aktuellen Trend hat.