Elken Arp ist Existenzgründerin und beliefert Restaurants. Die Umsätze wachsen nur langsam

Bargstedt. Mit der Haute Cuisine hatte Elken Arp bis vor Kurzem nichts zu tun. Die bodenständige Agrarwissenschaftlerin aus Bargstedt im niedersächsischen Landkreis Stade hatte keinen Sinn für die gehobene Gastronomie. Inzwischen beschäftigt sie sich beruflich mit einer besonderen Delikatesse. Arp ist "Schneckenschlachterin". Regelmäßig rufen Spitzenköche bei ihr an und geben ihre Bestellung ab.

Die 53-Jährige beliefert die Restaurants nicht nur mit frisch von ihr "geschlachtetem" Fleisch von der Weinbergschnecke, sondern bietet auch Schneckenleber und Schneckenkaviar an. Die Schneckenhäuser gibt sie an Kindergärten und Blumenläden, wo man sich über das Bastel- und Dekomaterial freut.

Vor einem Jahr machte sich Arp als wohl bundesweit einzige Schneckenschlachterin selbstständig, sie besorgte sich dafür die Genehmigung vom zuständigen amtlichen Lebensmittelinstitut. Arp hatte als studierte Agrarwissenschaftlerin und Mutter zweier Kinder bisher nie im Landwirtschaftssektor gearbeitet. Zuletzt leitete sie mit ihrem Ex-Partner in Hamburg eine Personalleasingfirma.

Als aber die Beziehung zerbrach, stand sie beruflich vor dem Nichts. Inspiriert von einem Bericht im Fernsehen über eine Schneckenzucht, kam ihr die Idee, sich als Schneckenschlachterin zu versuchen und so wieder an ihr Studium anzuknüpfen.

Nur wenige Restaurants haben Schneckengerichte auf der Karte

Doch schnell musste sie feststellen: "Es gibt eigentlich in Deutschland keinen Markt für Weinbergschnecken." Die meisten Restaurants setzen auf Gewohntes, wagen keine Experimente. Zwar habe sie von Köchen in der Region durchweg nur positive Resonanz erhalten, als sie sich auf ihre neue Selbstständigkeit vorbereitete. "Da war ich erst total euphorisch", erinnert sich Arp. "Doch als ich gesagt habe: Jetzt habe ich ein Kilogramm Schnecken, hieß es immer, im Moment gerade nicht, vielleicht in ein paar Wochen."

Inzwischen hat sie bundesweit einige Abnehmer gefunden, und ganz langsam werden es immer mehr. Es sind Köche aus der Spitzengastronomie, etwa Joachim Wissler vom Vendôme in Bergisch Gladbach, Maximilian Lorenz vom L'escalier in Köln oder Cristiano Rienzner vom Maremoto in Berlin. "Schnecken sind ein grandioses Produkt", ist Rienzner voll des Lobes. "Ihr Geschmack ist einzigartig."

Das sähen auch seine Gäste so, vor allem der Kaviar komme gut an. "Man schmeckt dabei heraus, was die Schnecke gefressen hat, zum Beispiel Schafgarbe und wilden Kerbel." Serviert hat er die Eier bereits mit Kabeljau, Blumenkohl und weißer Schokolade. "Der Kaviar gibt noch mal das Feuer in das Gericht", sagt der Berliner Avantgardekoch.

Arp bezieht die Weinbergschnecken von Deutschlands größter Zucht im Südharz - lebend per Post. Tierquälerei sei das nicht, betont sie. Die Schnecken zögen sich in ihr Haus zurück und bekämen vom Transport nichts mit. "Die schlafen und träumen süß", ist Arp überzeugt. Weinbergschnecken sind in ganz Mitteleuropa und sogar bis Schweden und Norwegen verbreitet. Sie stehen unter Schutz, deswegen werden in der Gastronomie nur Zuchttiere verwendet.

In einem Anbau von Arps 100 Jahre altem roten Backsteinhaus lagern die Weinbergschnecken im sogenannten Kälteschlaf in Fünf-Kilo-Netzen. So halten sich die Tiere mit dem lateinischen Namen Helix pomatia und Helix aspera zwei bis drei Monate. Sobald eine Bestellung vorliegt, geht Arp in ihren gefliesten "Schlachtraum". Auf einer Kochplatte bringt sie Wasser in einem Topf zum Sprudeln und wirft die Schnecken hinein. "Bei nur drei Gramm Körpergewicht sterben sie den Sekundentod", sagt Arp. Die Tiere litten keine Schmerzen.

Anschließend holt sie das Fleisch mit einem kleinen Messer aus dem Gehäuse und trennt den Eingeweidesack sowie die Leber ab. Dann kocht sie das Schneckenfleisch noch einmal und schickt es vakuumverpackt zu den Kunden.

"Die Köche bekommen das Produkt unverfälscht, als ob sie es selbst vom Feld gesammelt hätten", sagt Arp. Entsprechend sei auch der Geschmack. "Wie ein Spaziergang durch Omas Garten", beschreibt sie ihn. Davon will sie künftig immer mehr Genießer überzeugen.