In Predigten prangern Geistliche Massentierhaltung an. Grünen-Politiker: Landvolk fordert zur Denunziation auf

Hannover. In keinem anderen Bundesland trägt die Landwirtschaft so viel zur Wertschöpfung bei wie in Niedersachsen. Der Bauernverband heißt hier Landvolk und hat sich jetzt ohne Not eine neue Diskussion über Massentierhaltung und Ethik eingehandelt. Und darüber, dass schließlich auch Tiere Geschöpfe Gottes sind. Zwischen allen Stühlen sitzt dabei die Evangelische Kirche Hannover.

Schriftlich hat das Landvolk seine Mitglieder aufgefordert, der Zentrale in Hannover solche Pastoren zu melden, die in ihren Erntedank-Predigten "ungerechtfertigte und überzogene Kritik" an den Produktionsmethoden der modernen Landwirtschaft geäußert haben. Gedacht waren solche Meldungen als verbale Munition für ein Gespräch dem hannoverschen Landesbischof Ralf Meister, geplant zum Jahresanfang. Ein Pastor, so das Landvolk in seinem Aufruf, habe in seiner Erntedank-Predigt sogar "unrichtige Darstellungen von Peta als Grundlage herangezogen". Peta ist für das Landvolk ein rotes Tuch, weil diese Tierrechtsorganisation regelmäßig Videos von tierquälerischer Geflügelzucht dreht, die für ein schlechtes Image der Landwirtschaft sorgen.

Nun hat aber das mächtige Landvolk einen kleineren Konkurrenten, die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft. Die machte das Rundschreiben des Landvolks an die Mitglieder publik, erneuerte den Vorwurf industrieller Tierhaltung und lieferte der eigenen Klientel auch gleich passende Bibelstellen, mit denen die wiederum die angegebene E-Mail-Adresse des Landvolks bombardieren sollen. Zitatprobe: "Sie haben alle einen Odem (Atem) und der Mensch hat nichts voraus vor dem Vieh (Prediger 3,10).

Christian Meyer, landwirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Landtag von Hannover legte mit einer harschen Feststellung nach: "Der Aufruf des Landvolkverbandes zur Denunziation von Pastoren ist ein unerhörter Vorgang, der Verband muss diesen Versuch der Einschüchterung von Kirchenvertretern sofort beenden und sich bei den Betroffenen entschuldigen." Laut Meyer gibt es zudem ein ganz ähnliches Schreiben, in dem das Landvolk von seinen Mitgliedern Meldungen über problematische Darstellungen der Landwirtschaft in Schulbüchern erbittet - zur Weiterleitung an das Kultusministerium in Hannover.

Eine Sprecherin des Landvolks verteidigte gestern die Umfrage. Es habe Anfragen eigener Mitglieder wegen harscher Kritik an der modernen Landwirtschaft gegeben. Darum habe man jetzt versucht, Informationen zu sammeln: "Wir wollen mitnichten Pastoren denunzieren, sondern lediglich ein Stimmungsbild abfragen."

Landesbischof Meister ließ gestern auf gute und offene Gespräche mit dem Landvolk verweisen. Und darauf, dass die Landessynode ein Positionspapier zur Nutztierhaltung erarbeitet hat. Dieses Papier hat dem Landvolk nicht gefallen, weil es Kritik der Kirche am Trend zu immer mehr Massentierhaltung enthält. Noch deutlicher wurde früher schon der damalige Landessuperintendent im Sprengel Lüneburg, Hans-Hermann Jantzen: "Aus vielen Gesprächen weiß ich, dass Landwirte in solchen Fragen oft in einer schwer erträglichen Spannung zwischen Ökonomie und Ethik stehen."