Opposition attackiert Landrätin wegen geschwärzter Passagen in Gutachten

Bad Segeberg. Nur ein wirklich kleiner Kreis von Politikern des Jugendhilfeausschusses sowie wenige Mitarbeiter der Kreisverwaltung von Segeberg hatten Zugang zum brisanten vollständigen Gutachten im "Kellerkind"-Skandal um einen dreijährigen Jungen, der unbekleidet und verwahrlost im Juni von der Polizei aus einem verschlossenen Raum befreit wurde. Doch nachdem Auszüge aus der unzensierten Version der 70-seitigen Expertise in Medien veröffentlicht wurden, hat sich die politische Auseinandersetzung über den für die Region beispiellosen Kinderschutzfall noch weiter verschärft.

Landrätin Jutta Hartwieg sagte, sie sei "entsetzt", dass das Papier an die Öffentlichkeit gelangt sei. Gerd-Rainer Busch, Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses und wie Hartwieg SPD-Mitglied, vermutete sechs Monate vor den Kommunalwahlen eine Kampagne. "Es geht nicht um das Kind. Die Landrätin soll beschädigt werden." Die Details im Bericht des Berliner Sozialwissenschaftlers Reinhart Wolff offenbaren, dass die Zustände in der Wohnung der Segeberger Familie noch schlimmer waren als bisher bekannt.

Ihr wird vorgeworfen, seit 2006 die insgesamt sechs Kinder mit physischer und psychischer Gewalt gequält zu haben. Dies war auch den zuständigen Trägern, dem Jugendamt und etwa in Schule und Kinderhort aufgefallen.

Doch nicht nur diese Aspekte wurden von der zuständigen Justiziarin geschwärzt, sondern auch Beschreibungen der Arbeit des Jugendamtes. Hartwieg wies dennoch den Vorwurf der Zensur erneut zurück. "Wir müssen die Menschen schützen, denen wir helfen wollen." Die sozialpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Katja Rathje-Hoffmann, hatte den Begriff der Zensur verwendet. Auch Claus-Peter Dieck, Fraktionschef der CDU und formal Hartwiegs Stellvertreter, kritisiert die Landrätin. "Wenn im Gutachten steht, dass Besuchsvermerke fehlen, dann geht es nicht um die Familie. Es wurden auch Passagen geschwärzt, um ein nachweisliches mögliches Fehlverhalten oder mangelnde Personalführung zu verschleiern."

Der Hauptausschuss wird nun das schleswig-holsteinische Innenministerium bitten, die Vorgänge dienstrechtlich zu überprüfen. "Es wurden vorsätzlich Informationen verheimlicht", so Dieck. Er forderte, dass das komplette Gutachten dem Hauptausschuss vorgelegt wird. "Ich habe kein Interesse daran, Frau Hartwieg zu schaden. Aber wir müssen Informationen vernünftig transportieren."

Am heutigen Dienstag treffen die Akteure um 18 Uhr in der Sitzung des Hauptausschusses des Segeberger Kreistag erneut aufeinander.