Der Fluss wird zum Nadelöhr. Rund um Hamburger Unterführung soll die A 7 über Jahre zur Dauerbaustelle werden.

Hamburg. Lange Staus vorm Elbtunnel: Gestern bekamen Autofahrer schon mal einen kleinen Vorgeschmack. Eine Ahnung, wie es auf der A 7 aussehen könnte, wenn es erst richtig losgeht. Wenn im Norden die drei Hamburger Deckel gebaut werden und die Autobahn bis zum Bordesholmer Dreieck in Schleswig-Holstein zusätzliche Fahrspuren bekommt. Und wenn, wie der Verkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann (CDU) gestern im Abendblatt erklärte, danach im Süden des Tunnels der auf Stelzen stehende Abschnitt der A 7 abgerissen und komplett erneuert wird. Ferlemann: "Die Baukosten liegen wohl bei rund 160 Millionen Euro." Das alles dauert voraussichtlich von 2014 bis 2030. Die A 7 wird zur Großbaustelle. Hamburgs Tor zur Welt schließt sich - bis auf einen Türspalt.

Entlastung könnte nur eine weitere Elbquerung bringen, entweder im Osten oder im Westen der Hansestadt. "Am Besten wäre es, wenn wir zwei zusätzliche Querungen bekämen", sagt Hans-Werner Blöcker, der stellvertretende Vorsitzende des Bauindustrieverbands Nord. "Der Verkehr aus Skandinavien in den Süden Europas und umgekehrt wird in den kommenden Jahren erheblich zunehmen", sagt er. "Hamburg ist schon jetzt ein Nadelöhr." Und Kurt-Jürgen Schimmelpfeng vom Verein Hamburger Spediteure assistiert: "Optimal wären zwei neue Querungen, das Minimum ist eine."

Die derzeit wahrscheinlichste Variante ist ein Tunnel, der im Zuge der Verlängerung der Ostseeautobahn 20 gebaut werden soll. Die Pläne sind größtenteils fertig. Was nicht bedeutet, dass bald gebaut wird. Die Kieler Regierungskoalition aus SPD, Grünen und SSW will bis zum Ende ihrer Wahlperiode (2017) nur die insgesamt rund 30 Kilometer langen Abschnitte 3 und 4 von Weede bei Bad Segeberg bis zur A 7 bei Bad Bramstadt fertigstellen. "Das ist ein ehrgeiziges Ziel", sagt Landesverkehrsminister Reinhard Meyer (SPD).

Hinter vorgehaltener Hand ist in der Landeshauptstadt auch die Aussage zu hören, dass dieses Ziel eigentlich nicht erreichbar sei. Im Ministerium verweist man in diesem Zusammenhang gern auf den Bund. Der finanziere das Vorhaben schließlich. Mit anderen Worten: Stellt er mehr Geld bereit, kann auch schneller gebaut werden. Noch ungewisser ist, wann die letzten 45 Kilometer bis zur Elbe bei Glückstadt gebaut werden. Frühestens nach 2017 könnte man sie in Angriff nehmen. Eine Bauzeit von mindestens vier Jahren ist realistisch. Das würde immer noch passen. Denn für den 6,5 Kilometer langen Elbtunnel bei Glückstadt gilt derzeit folgender Zeitplan: Ende 2013 gibt es den Planfeststellungsbeschluss, dann erfolgt die Ausschreibung. Dann wird vermutlich ein Betreiber für ein ÖPP-Modell (Öffentlich-Private-Partnerschaften) gesucht, der könnte 2015 mit dem Bau beginnen. 2021 wäre der Tunnel fertig - wenn alles glattläuft.

Die niedersächsische Landesregierung warnt davor, sich in einer Diskussion über eine östliche oder eine westliche Querung zu verzetteln. "Eines nach dem Anderen bitte - und mit eindeutiger Priorität für die Elbquerung stromabwärts bei Glückstadt", sagte Christian Budde, Sprecher des Verkehrsministeriums in Hannover. Die CDU-FDP-Landesregierung ist sich zudem mit der großen Oppositionspartei SPD einig, dass Schleswig-Holstein alles tun muss, um nicht nur die Planung, sondern auch den Bau des Streckenabschnitts der A 20 zwischen der A 7 und der Unterelbe voranzutreiben. Der Elbtunnel, darauf pocht Niedersachsen, wird nur realisierbar, wenn von beiden Seiten mit Hochdruck die Autobahn bis an den Strom gebaut wird. Bei Prognosen über eine mögliche Fertigstellung der Elbquerung mag sich das Verkehrsministerium nicht festlegen. Sprecher Budde hält es da mit dem Prinzip Hoffnung: "Wünschenswert wäre ein Termin Anfang des nächsten Jahrzehnts."

Was das Projekt einer westlichen Elbquerung bei Geesthacht angeht, so ist dies aus niedersächsischer Sicht aus gleich zwei Gründen nachrangig. Am raschen Bau der Küstenautobahn und der Elbquerung hängt auch der Erfolg des neuen Tiefwasserhafens Wilhelmshaven, in den das Land eine halbe Milliarde Euro Steuergeld investiert hat. Zudem könnte eine Geesthachter Querung angesichts der knappen Bundesmittel für Fernstraßen Konkurrenz werden für das andere niedersächsische Autobahnprojekt mit höchster Priorität, die Fortsetzung der A 39 über Lüneburg hinaus Richtung Wolfsburg. Dennoch hat eine östliche Lösung des Stromproblems gegenüber der westlichen klare bauliche Vorzüge. In Höhe Geesthacht sind keine großen "Pötte" mehr unterwegs, hier wird nur noch Flussschifffahrt betrieben. Eine Brücke reicht deshalb, die Elbe ist nicht sehr breit. "Die Verwirklichung wäre einfacher und kostengünstiger, weil wir dort nur die bestehende Trasse der B 404 ausbauen müssten", sagt Hans-Werner Blöcker vom Bauindustrieverband.