300 Fahrer aus 21 Nationen rollen mit 1200 Tieren durch den Wald, darunter sogar ein Südkoreaner. Der Weltmeister ist Norddeutscher.

Burg. Bei einer Europameisterschaft (EM) hat ein Koreaner nun wirklich nichts zu suchen, sollte man denken. Denn Südkorea liegt 14 Flugstunden von Europa entfernt in Asien. Doch bei den "Mushern" (Eskimosprache für Schlittenhundeführer) ticken die Uhren ein kleines bisschen anders. Und deshalb durfte Nikki Seo bei der Schlittenhunde-EM am Wochenende im Forst Christianslust im Kreis Dithmarschen mit an den Start.

Zwar läuft der 35-Jährige außer Konkurrenz. Doch das ist Nikki Seo egal: "Meine Freunde sind alle hier bei diesem Rennen. Also bin ich auch hergekommen: Just for fun", sagt er mit seinem strahlenden Lächeln nach der Eröffnungszeremonie. Denn auch beim farbenfroh inszenierten "Einmarsch der Nationen" ist Nikki Seo dabei: Mit Fahne, Namensschild und Nationalhymne darf er bei den "European Championships Off Snow 2012" sein Land repräsentieren und gemeinsam mit rund 300 Teilnehmern aus 21 Nationen den Zuschauern sein Können zeigen. Mehr als 1200 Hunde waren angemeldet. Und da er "just for fun" in Schleswig-Holstein ist, hat Nikki Seo nur sechs seiner 45 Hunde auf den 8600 Kilometer langen Flug mitgenommen. Im Forst Christianslust lässt er sich von einem Sechsergespann über den Parcours ziehen, auf Rädern, denn die Veranstaltung ist ja "Off Snow", also ohne Schnee. Mit den sechs Hunden vor dem Gefährt sei es einfacher als mit dem Achtergespann, mit dem er zu Hause trainiert, erzählt der Hobby-Musher.

Die Hunde müssen nämlich zunächst zu einem Team geformt werden, bevor man sie im Schlittenhundesport einsetzen und mit ihnen durch den Wald jagen kann, erklärt der amtierende Weltmeister im Schlittenhunderennen, Michael Tetzner. Der Dithmarscher ist seit zwölf Jahren Profi-Musher. Bevor er sich den Titel bei der Weltmeisterschaft der International Federation for Sleddogsport (IFFS) in Borken im November 2011 holte, mussten seine Hunde drei Jahre "die Schulbank drücken". Wichtiger Teil ihrer Ausbildung: die Kommandos. Sie übernehmen die Funktion des Steuerns.

An der Spitze des Gespanns läuft daher nicht der Führer des Rudels - das sogenannte Alphatier -, sondern der Hund, der am besten die menschliche Sprache versteht. "Die Hunde müssen auf die gesprochenen Kommandos sofort reagieren, sonst endet die Fahrt schnell am Baum oder in einem Graben." Vor einem Rennen sind die Schlittenhunde aufgeregt. Sie wollen endlich laufen; sie jaulen und zerren daher voller Ungeduld an ihrem Geschirr.

Dann beginnt der Schiedsrichter am Start endlich mit dem Countdown: "Noch 15 Sekunden, zehn, drei, zwei, eins": Und los geht es. Doch nur für wenige Meter, dann ist wieder Schluss: Der Countdown galt nämlich einem anderen Team. Schier endlose zwei Minuten später stehen sie endlich an der Startlinie. Beim Kommando "Go!" krümmen sich die Rücken der Hunde, 24 Beine stemmen sich in den Waldboden, die Hunde jagen davon. Verfolgt werden sie vom schaurig-traurigen Geheul der Zurückgebliebenen, die sehnsüchtig auf ihren Start warten müssen.