Der Branchenprimus, wegen Massentierhaltung angegriffen, will sich mit Tierschützern arrangieren

Visbek/Hannover. Deutschlands Geflügelzüchter stehen wegen der Massentierhaltung im Kreuzfeuer. Nun versucht ausgerechnet der Branchenprimus PHW, dessen Marke Wiesenhof bundesweit eingeführt ist, sich mit seinen schärfsten Kritikern zu arrangieren. Die PHW-Gruppe in Visbek im Landkreis Vechta verhandelt mit der Tierrechtsorganisation Peta über einen regelrechten Dialog. Derzeit allerdings findet, wer die Peta-Homepage besucht, dort noch all die tierquälerischen Videos mit sterbenden Hühnern, Puten und Enten, die Deutschlands Verbrauchern in den vergangenen zwei Jahren den Appetit verdorben haben.

Eigentlich kann es keine Gesprächsbasis geben für Peta und Wiesenhof, schließlich propagieren die Tierschützer eine vegane Ernährung, also den völligen Verzicht auf tierische Nahrung. Andererseits aber ist Massentierhaltung längst die Regel in Deutschland, und dass ausgerechnet die PHW-Gruppe jetzt den Kampf um einen guten Ruf aufnimmt, hat vor allem wirtschaftliche Gründe. Unternehmenschef Peter Wesjohann macht keinen Hehl daraus, dass sein Unternehmen wegen der Marke Wiesenhof druckempfindlicher ist als Konkurrenten wie Rothkötter, die weitgehend anonym an die großen Discounter liefern: "Wir wissen, dass wir als einziger Markenartikler in der Fleischbranche aufgrund unserer Markenbekanntheit von 86 Prozent eine optimale Zielscheibe für Gegner der intensiven Tierhaltung darstellen."

Peta-Rechtsvertreter Edmund Haferbeck glaubt, dass sich beim Branchenprimus einiges bewegt hat: "Wiesenhof ist der Einäugige unter den Blinden." Ein besseres Image ist für die Konzerne auch deshalb wichtig, weil sie langfristig mit steigender Nachfrage nach Geflügelfleisch rechnen, aber zunehmend Probleme haben, genügend Landwirte als Lohnmäster zu gewinnen. So sind die örtlichen Bürgerinitiativen im Raum Celle stolz darauf, dass für den neuen Rothkötter-Schlachthof in Wietze nicht genügend Bauern als Zulieferer gefunden wurden und die Tiere jetzt teilweise aus Dänemark herangekarrt werden müssen.

Auch in Wietze bei Nienburg gibt es zunehmend Proteste gegen den Bau neuer riesiger Geflügelmastanlagen für den dort geplanten Ausbau des Schlachthofs der PHW-Gruppe. Die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft in Niedersachsen ruft dazu auf, sich rasch in die laufenden Genehmigungsverfahren solcher Projekte einzumischen. Fakt ist aber auch: Der Wietzer Schlachthof beschäftigt inzwischen mehr als 600 Mitarbeiter, der Land hat die Ansiedlung auch wegen der Strukturschwäche der Region mit mehr als sieben Millionen Euro gefördert. Die Unternehmensgruppe PHW hat im Geschäftsjahr 2910/2011 ihren Umsatz um mehr als sechs Prozent auf 2,23 Milliarden Euro gesteigert, produzierte rund 494 000 Tonnen Geflügelfleisch, von denen bereits rund ein Viertel in den Export ging.

Konzerne wie PHW betreiben Brütereien, Futterwerke und Schlachthöfe, PHW beschäftigt nicht nur rund 5300 feste Mitarbeiter, sondern hat fast 1000 Bauern als Mäster unter Vertrag. Zur Charmeoffensive des Agrarkonzerns gehörte nicht nur ein "Spiegel"-Interview, in dem Chef Wesjohann versicherte: "Unseren Hähnchen geht es gut." Wiesenhof prangt jetzt auch auf den Trikots von Werder Bremen. Im Öko-Check von Greenpeace landete Bremen deshalb in der Abstiegszone: "Industrie-Hühnermast heißt Tierquälerei, Antibiotika-Dröhnung und Futterimporte aus Urwaldzerstörung."