Anwohner fürchten Überschwemmungen: In einer Siedlung in Kaltenkirchen liegt die Fahrbahn höher als die Gärten.

Kaltenkirchen. "Zentral wohnen im Grünen" steht in geschwungenen Buchstaben auf dem Schild an der Zufahrt zu dem kleinen Neubaugebiet in Kaltenkirchen. Der Slogan klingt nach Idylle, doch seit wenigen Tagen können sich die Bewohner der kleinen Straße Am Flottmoorpark über Wiesen und Bäume jenseits ihrer Gärten nicht mehr freuen. Sie haben Angst, dass schmutzig, braune Fluten Grundstücke, Garagen und Keller überschwemmen.

Am 28. August haben Bauarbeiter damit begonnen, die bislang unbefestigte Straße vor den Einfamilienhäusern zu pflastern. Das Problem: Die Fahrbahn und die Gehwege liegen um bis zu 20 Zentimeter höher als die Gärten und Zufahrten. "Viele Grundstücke können nicht mehr entwässern", sagt Thomas Pesel. In seinem liebevoll angelegten Vorgarten hat er weiße Leinen gespannt, die sich auf Straßenhöhe befinden und deutlich über der Grasnabe liegen. Die ersten Nachbarn haben bereits damit begonnen, Sand auf ihre Auffahrt zu schütten, damit die Autos den Höhenunterschied zur Straße unbeschadet bewältigen.

Vor acht Häusern liegen bereits die Gehwege, die Arbeiter bereiten die Fahrbahnen vor. Weitere 20 Gebäude werden nach Pesels Einschätzung buchstäblich "unter Niveau liegen", wenn die Männer mit den Pflastersteinen ungehindert ihre Arbeit fortsetzen.

Gleich am ersten Tag hatten Pesel und seine Nachbarn den Höhenunterschied bemerkt und die Firma gebeten, die Arbeiten zu unterbrechen. Doch die Männer pochten darauf, den Auftrag und den Zeitplan zu erfüllen. "Wir wollten verhindern, dass weitere Kosten entstehen", sagt Pesel. Bereits zu diesem Zeitpunkt war klar, dass entweder die Grundstücke aufgeschüttet werden müssen oder die Straße wieder abgesenkt wird.

Pesel, seine Frau Patricia und Nachbar Juri Appel haben Unterschriften gegen den Ausbau gesammelt und sie im Rathaus abgegeben. Doch die Arbeiten gingen weiter. Die Arbeiter legten nicht einmal einen Stopp ein, als ein Mitarbeiter des Bauamts sich zu einem Gespräch mit den Anwohnern zwischen Baufahrzeugen und Steinhaufen traf.

Auch das Kreisbauamt in Bad Segeberg fühlte sich für den Fall nicht zuständig. "Das müssen sie vor Gericht klären", bekam Juri Appel dort zu hören. Juri Appel hat bereits Angebote für eine Aufschüttung des Grundstücks, eine neue Grundstückauffahrt und Gärtnerarbeiten eingeholt. Rund 5000 Euro müsste er bezahlen. Doch damit wären die Probleme der Entwässerung noch lange nicht gelöst. Seine Nachbarin Helene Ritter geht davon aus, dass sie einen Wertverlust von 20.000 Euro für ihre Immobilie einplanen muss, wenn die Straße nicht tiefer gelegt wird.

Wer für die Kosten aufkommen muss, ist unklar, solange die Schuldfrage nicht geklärt ist. Für die Menschen in der kleinen Straße steht fest, wer für die Misere verantwortlich ist: die Stadtverwaltung von Kaltenkirchen. Das Bauamt habe 2007, als die ersten Häuser entstanden, allen Architekten mündlich empfohlen, sich bei der Berechnung der Grundstückshöhen an den bereits vorhandenen Gullydeckeln auf der Baustraße zu orientieren, sagen die Anwohner. Den "Deckenhöhenplan", in dem die Fahrbahnhöhe festgelegt wird, hat Juri Appel erst vor wenigen Tagen erhalten. "Selbst die Bauarbeiter sagen hinter vorgehaltener Hand, dass hier wohl etwas gründlich schiefgelaufen ist", sagt Appel. Bürgermeister Hanno Krause (CDU) lehnt weiterhin einen Baustopp oder eine Tieferlegung der 450.000 Euro teuren Straße ab. "Wenn sich alle an den Deckenhöhenplan gehalten hätten, stünden wir jetzt nicht vor einem Problem", sagt er. Seine Mitarbeiter bestreiten, dass der Plan nicht an die Architekten herausgegeben worden sein soll. Auch der Hinweis, dass man sich an den Gullydeckeln orientieren solle, sei nie aus dem Rathaus gekommen.

Krause geht davon aus, dass nur acht Grundstücke unterhalb des Straßenniveaus liegen: "Die anderen Besitzer haben sich an den Plan gehalten." Ein Stopp der Bauarbeiten oder eine teure Neuplanung könne er gegenüber dem Steuerzahler und den Anwohnern, die korrekt gebaut hätten, nicht vertreten.

Dennoch will die Stadtverwaltung versuchen, eine "Kulanzlösung" für die Anlieger zu finden. "Wir wollen helfen", sagt Bürgermeister Krause. Außerdem seien keine Probleme bei der Entwässerung zu befürchten: "Da wird kein Haus absaufen."

Die Anwohner prüfen rechtliche Schritte. "Wir warten ab, welche Zusagen von der Stadt kommen", sagt Juri Appel. "Wenn ein Schaden entsteht, muss ein Ausgleich her."