Segebergs Landrätin verteidigt Behörde im Fall des im Keller eingesperrten Dreijährigen

Kiel/Bad Segeberg. Das Wimmern eines Kindes machte einen Handwerker in einem Einfamilienhaus in Bad Segeberg misstrauisch, er rief die Polizei. Die Beamten fanden in der völlig verdreckten Kellerwohnung einen dreijährigen Jungen - eingesperrt, mit den Füßen im Kot stehend. Regelmäßig kamen Familienhelfer im Auftrag des Jugendamts, die vom Keller allerdings nichts wussten, nichts wissen konnten. So schildert die Landrätin Jutta Hartwieg die Umstände, wie das Erziehungsdrama am 13. Juni zufällig aufflog.

Seit vielen Jahren waren die nach Ansicht von Experten mit Erziehungsaufgaben völlig überforderten Eltern den Behörden bekannt. Ihre sechs Kinder leben jetzt alle in Einrichtungen oder bei Pflegefamilien. Drei Kinder waren den Eltern bereits 2010 weggenommen worden. Ein Gericht hatte dem Jugendamt auferlegt, die Familie regelmäßig zu betreuen. "Wir haben einen in solch extrem schwierigen Fällen bewährten freien Träger damit beauftragt", sagt Hartwieg.

Im Fall des Dreijährigen begünstigten mehrere Umstände, dass der Fall nicht früher entdeckt wurde. "Die unrenovierte Kellerwohnung war nicht Bestandteil des Mietvertrags, die Helfer wussten nichts von deren Existenz." Ein Versagen des Jugendamts verneint Hartwieg. Der Fall mache die besondere Problematik von Familienhilfe deutlich. So solle Vertrauen aufgebaut und die Erziehungsfähigkeit der Eltern gestärkt werden - mit Kooperation. Deshalb seien die Besuche der Helfer jeweils dienstags und donnerstags angemeldet worden, es gab einen Hilfsplan. Die Eltern seien in all den Jahren nicht als gewalttätig aufgefallen, sondern einfach nur als völlig überfordert.

Die Staatsanwaltschaft Kiel ermittelt gegen die Eltern. Gegen das Jugendamt und den beauftragten freien Träger gibt es keine Untersuchungen. Es gebe keine Anhaltspunkte für Fehlverhalten, heißt es. Der Dreijährige wurde medizinisch untersucht. "Körperlich ist er unverletzt, aber welche seelischen Schäden er möglicherweise davongetragen hat, kann sich erst nach Jahren zeigen", sagt die Landrätin. Der Fall ist nur einer von 400 im Kreis Segeberg, in denen die Behörden überforderten Eltern bei der Kindererziehung helfen. "Das ist ein wachsendes Problem, übrigens nicht nur von finanziell schlecht gestellten Eltern."