Ein Ausflugsschiff rammte einen Anleger im Hafen von Amrum. Kinder wurden mit Rettungshubschraubern zum Krankenhaus nach Niebüll geflogen.

Amrum. Es war einer der größten Rettungseinsätze in der jüngeren Geschichte Amrums: Zwei Hubschrauber, zwei Polizeiboote sowie mehrere Notärzte, Polizei und Feuerwehr waren gestern alarmiert worden, nachdem ein Ausflugsschiff mit 120 Kindern und Betreuern an Bord ungebremst gegen die Kaimauer von Wittdün geprallt war. 30 Kinder wurden dabei verletzt - leicht, wie sich später zum Glück herausstellte. Petra Müller von der Einsatzleitung der Feuerwehr auf Amrum schildert: "Viele Kinder haben geweint, waren geschockt und haben sich vor Schmerzen den Arm gehalten. Einige waren umgefallen oder hatten sich Prellungen zugezogen."

Laut Wasserschutzpolizei waren die Schüler und ihre Betreuer auf dem 25 Meter langen Ausflugsschiff MS "Eilun" eines privaten Reeders für eine Fangfahrt unterwegs auf der Nordsee. Rund die Hälfte der Kinder besucht eine Schule in Gettorf (Kreis Rendsburg-Eckernförde). Die andere Hälfte kommt aus Hamburg und war wohl auf Klassenfahrt. Es habe sich um Schüler im Alter von neun bis elf Jahren gehandelt, sagte der Sprecher der Wasserschutzpolizei Husum, Wolfgang Boe. Sie besuchen Klassen der Stufen vier, fünf und sechs.

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Bei dem Aufprall seien viele Kinder gestürzt und hätten sich verletzt, sagte Boe. Viele der Kinder waren laut Feuerwehr in Landschulheimen und Jugendherbergen auf der nordfriesischen Insel gewesen.

Zehn Verletzte wurden mit Rettungshubschraubern in ein Krankenhaus nach Niebüll im Kreis Nordfriesland gebracht. Fünf Verletzte transportierte der Seenotkreuzer "Vormann Leiss" der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger in eine Klinik in Wyk auf der Nachbarinsel Föhr. "Zum Glück wurde niemand lebensbedrohlich verletzt", sagte Polizeisprecher Boe. Alle hätten ambulant behandelt werden können und die Krankenhäuser im Laufe des Tages wieder verlassen. Weitere Kinder seien vor Ort betreut und versorgt worden.

Am frühen Morgen war die "Eilun" zu einer sogenannten Kleintierfangfahrt in Richtung Nordfriesisches Wattenmeer aufgebrochen. Bei den beliebten Fangfahrten werden Netze ausgeworfen, Meerestiere an Bord geholt, betrachtet und anschließend wieder ins Meer gekippt.

Beim Unfall sei das Schiff mit einer Geschwindigkeit von etwa drei Knoten, also knapp sechs Kilometern pro Stunde, auf den Anleger gefahren, sagte Boe. Die Ursache war zunächst unklar. "Es handelt sich vermutlich um einen technischen Defekt. Das wird jetzt sorgfältig untersucht", sagte er. Sollte "rein theoretisch" bei der Untersuchung herauskommen, dass die Maschinen beispielsweise unzureichend gewartet worden seien und deshalb versagten, könnte dem Kapitän ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung drohen. Der Kapitän der "Eilun" wollte sich auf Abendblatt-Anfrage nicht zum Unfallgeschehen äußern: Man wolle zunächst den Sachverhalt rekonstruieren, bevor man Angaben mache. "Offenbar hatten viele Kinder kurz vor dem Anlegen bereits an der Rampe gewartet, als das Schiff gegen den Anleger krachte", sagt Petra Müller.

Die Feuerwehrfrau war um kurz nach elf Uhr mit rund 50 Leuten zur Unglücksstelle ausgerückt. Der Einsatz sei geordnet abgelaufen. "Wir haben die Kinder beruhigt, getröstet und ihnen Getränke besorgt."

Viele Schüler seien schließlich mit Bussen wieder in ihre Landschulheime auf der Insel gebracht worden. Die Feuerwehrleute hätten auch bei der Betreuung von Verletzten geholfen. "Wir haben vor einigen Jahren alle einen Erste-Hilfe-Kursus gemacht. Das ist uns jetzt sehr zugutegekommen", meinte sie.

Ob die Schüler ihre Klassenreisen nun abbrechen, stand gestern noch nicht fest.