100 000 Vögel sterben pro Jahr durch Windräder. Darunter Seeadler und Rotmilane

Kiel/ Hannover. Greifvögel fliegen und jagen in einer Höhe, in der sie keine natürlichen Feinde mehr haben. Sie nehmen deshalb die Rotorblätter von Windkraftanlagen nicht als Bedrohung war. Die Folge: Jedes Jahr werden in Deutschland schätzungsweise 100 000 Vögel von den drehenden Flügeln regelrecht geschreddert - unter ihnen viele geschützte Vogelarten wie Rotmilane, Störche und Uhus. Laut "Elmshorner Zeitung" kamen zwischen 1997 und 2011 allein in Schleswig-Holstein auch mindestens 26 Seeadler um.

Naturschützer und Umweltminister stürzt das in einen Konflikt: Einerseits soll die Energiewende schnellstmöglich umgesetzt und die Windkraft ausgebaut werden. Andererseits will man vermeiden, dass noch mehr Vögel ums Leben kommen. "Windkraft ist eine sehr geeignete Form der Energiegewinnung", sagt Hermann Hötker, Leiter des Michael-Otto-Instituts des Naturschutzbundes (Nabu). Bei aller Euphorie dürfe man die Gefahren für Vögel jedoch nicht außer Acht lassen. Zwar ließe sich das Vogelschlagrisiko nicht auf null bringen, doch könne man es minimieren: Die Anlagen dürften nicht in Flugkorridoren von Vögeln oder in der Nähe ihrer Nistplätze gebaut werden.

Im Kieler Umweltministerium ist man sich der Problematik bewusst. "Es gibt einen Konflikt zwischen Arten- und Vogelschutz sowie dem Ausbau von Windenergie", sagt Umweltminister Robert Habeck. Ihm tue es leid um jeden Vogel, der in den Rotoren verende - bei Seeadlern sei es "dreimal so schlimm". Mittlerweile müssen Investoren, die Windanlagen in Schleswig-Holstein errichten wollen, individuelle Gutachten erstellen. Es müsse sichergestellt werden, dass in einem Drei-Kilometer-Radius um die Anlage herum keine Futter- oder Nistplätze lägen, so Habeck. "Wird das nicht ausgeschlossen, erteilen wir keine Genehmigung." Aktuell könne es für vier geplante Anlagen "kritisch" werden.

Auch im niedersächsischen Umweltministerium ist die Gefahr von Windkraftanlagen für Vögel bekannt. "Über den Bau neuer Anlagen entscheiden die Landkreise und Städte", sagt Sprecherin Silke Schaar. Diese seien aber im Rahmen der Verträglichkeitsregelung verpflichtet, Natur- und Artenschutz zu berücksichtigen.