In Schwerin werden Kinder rund um die Uhr betreut - nicht länger als andere sondern zu anderen Zeiten. Viele der Eltern arbeiten im Schichtdienst.

Schwerin. Dean wird diese Nacht besonders schön träumen. Er schläft in seinen vierten Geburtstag hinein. Gleich beim Aufwachen kann ihm sein Kindergartenfreund Yannic gratulieren. Die beiden kleinen Schweriner übernachten heute wieder in der Kita, weil ihre Eltern Schicht arbeiten. Mit der Rund-um-die-Uhr-Betreuung für Babys, Klein- und Vorschulkinder sei Mecklenburg-Vorpommerns Hauptstadt - neben wenigen privaten Initiativen - Vorreiter in Deutschland, sagt die Leiterin der 24-Stunden-Kindertagesstätte nidulus, Grit Brinkmann. Nidulus ist lateinisch und bedeutet Nestchen.

+++ Hamburg garantiert allen Zweijährigen Kita-Plätze +++

Wegen der überbordenden Nachfragen richte sich das kommunale Angebot für 365 Tage und Nächte im Jahr ausschließlich an Schichtarbeiter. "Das ist keine Elite-Kita, sondern ein Angebot für all jene, die regelmäßig abends, nachts, an Wochenenden und Feiertagen arbeiten müssen", erklärt Anke Preuß, Geschäftsführerin der Kita, die eine gGmbH ist: eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Das städtische Unternehmen ist Schwerins größter Kita-Träger und bietet gut 2500 Betreuungsplätze an 24 Standorten. In Kooperation mit den Helios-Kliniken wurde vor drei Jahren auf dem Krankenhausgelände die 24-Stunden-Kita nidulus samt Garten und Spielplatz neu gebaut.

Nicht nur Ärzte, Schwestern und Pfleger wissen ihren Nachwuchs im "Nestchen" gut aufgehoben, wie Anke Preuß betont. Auch Busfahrer, Polizisten, Köche, Kellner und Verkäuferinnen seien auf die begehrten Betreuungsplätze mit Ganztagskonzept und Vollverpflegung angewiesen.

+++ Sie suchen? Es sind noch Kita-Plätze frei - garantiert +++

Derzeit arbeiteten rund 22 000 Schweriner in Schichten, oft seien junge Eltern darunter. Wegen des Ansturms auf die 58 Plätze bei nidulus und langen Wartelisten plane die Stadt im nächsten Jahr eine zweite 24-Stunden-Kita für 60 Kinder, sagte Preuß.

Bundesweit sollen vor dem Hintergrund des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz für unter Dreijährige ab 2013 die Angebote ausgebaut werden. In den alten Bundesländern fehlen laut Statistik 230 000 Krippenplätze. Im Westen wird derzeit nur jedes fünfte Kleinstkind tagsüber betreut, im Osten ist es jedes zweite.

Vor allem zu "Randzeiten", an Sonn- und Feiertagen, mangele es bundesweit an Betreuungsmöglichkeiten, während Berufstätige zunehmend auch nachts und an Wochenenden arbeiteten, erklärt der Sprecher des Arbeitsagentur-Bereichs Nord in Kiel, Horst Schmitt. Besonders alleinerziehende Frauen in Gastronomie, Einzelhandel oder Gesundheitsbranche seien auf flexible Kita-Zeiten angewiesen. "8 bis 16 Uhr, und das nur von Montag bis Freitag, das reicht nicht aus", betont Schmitt.

Schwerin scheint eine Lösung gefunden zu haben. Gerade holt Sandra Rieger, 36, ihren Sohn Finn-Luca, 2, nach dem Abendessen in der 24-Stunden-Kita ab. Sie arbeite als Kellnerin in drei Schichten, ihr Mann gehe europaweit auf Montage und komme nur alle zwei, drei Wochen nach Hause, erzählt sie. "Ohne den Platz hier hätte ich meinen Job aufgeben müssen." Dank ihrer festen Anstellung kann sie die um rund 100 Euro höheren monatlichen Kita-Kosten gut verkraften.

Kindergartenleiterin Brinkmann betont, dass die Kinder nicht rund um die Uhr und insgesamt nicht länger als Gleichaltrige in der Kita seien. "Sie verbringen nur andere Zeitfenster hier mit ihren Freunden und Betreuern."

Dean und Yannic machen es sich mit ihrer Erzieherin Doreen Holtz für die Nacht gemütlich. Zum Einschlafen gibt es noch eine Geschichte. "Ein verlässlicher Tagesablauf und familiäre Atmosphäre, das zeichnet eine 24-Stunden-Kita aus", sagt Holtz. Zum Frühstück werden für Dean vier Kerzen, ein Kuchen und ein kleines Geschenk auf dem Tisch stehen. Dann holen seine Eltern ihn ab - und starten am Vormittag gemeinsam in den Geburtstags-Feier-"Abend".

Entdecken Sie Top-Adressen in Ihrer Umgebung: Kindergärten in Hamburg