Der ehemalige Minister Karl-Heinz Funke steht jetzt nach der Silberhochzeitsaffäre unter dem Verdacht der Untreue vor Gericht.

Varel/Oldenburg. Der 66-jährige Karl-Heinz Funke ist eine der schillerndsten Figuren und Sprücheklopfer der deutschen Politik. Morgen wird der frühere sozialdemokratische Bundeslandwirtschaftsminister aus Varel in Ostfriesland auf der Anklagebank des Oldenburger Landgerichts sitzen. Er muss sich wegen des Verdachts der Untreue verantworten.

Als Vorsteher des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbands soll er gemeinsam mit dem Geschäftsführer vorschriftswidrig 8000 Euro für seine Silberhochzeit aus Verbandsmitteln abgezweigt haben. Die Summe wurde in vier Rechnungen zu 2000 Euro gestückelt und als Bewirtungskosten ausgewiesen. Und wider alle Vorschriften erhöhte Funke eigenmächtig ohne die eigentlich erforderliche Zustimmung der Gremien das Gehalt des Geschäftsführers auf 270 000 Euro jährlich - erlaubt waren höchstens 117 000 Euro. Deswegen ist neben Funke auch der damalige Geschäftsführer angeklagt; er soll zudem laut Staatsanwaltschaft über eine Million Euro übertarifliche Zahlungen an die Verbandsbeschäftigten gezahlt haben - ebenfalls ohne Zustimmung der Gremien.

+++ Ex-Minister Funke wegen Untreue vor dem Richter +++

Das Gerichtsverfahren ist vorläufiger Höhepunkt in einer ganzen Serie von Skandälchen und Peinlichkeiten des Ex-Ministers. Schon in seiner Zeit als Kommunalpolitiker in Friesland ab den 1970er-Jahren und dann ab 1990 als niedersächsischer Landwirtschaftsminister war der schwergewichtige Funke bekannt für zotige bis sexistische Witze. Schwerer wiegt: Vom damaligen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder (SPD) wurde er kurzzeitig wegen offenkundiger Manipulation einer Spesenabrechnung suspendiert. 1998 machte ihn Schröder dennoch zum Bundeslandwirtschaftsminister. 2001 aber musste Funke zurücktreten, weil sein Haus die BSE-Krise, bekannt als Rinderwahnsinn, nicht in den Griff bekam. Dass er damals ostentativ und öffentlich weiter Rindfleisch verzehrte, das freute die Bauern zwar, aber es konnte ihm das Amt nicht mehr retten.

In seiner ostfriesischen Heimat erinnern sich viele Menschen noch an weitere Peinlichkeiten, etwa eine rüde Verbalattacke auf einen Polizeibeamten, aber auch an den Umbau des eigenen Hofes ohne Baugenehmigung. Aber er erreichte als Landwirt und Minister auch viel für seine bäuerliche Klientel vor Ort, war trinkfest, Stimmungskanone und schlagfertig auf Platt. "Bauernfänger" haben sie ihn lange in Parteikreisen genannt und über vieles hinweggesehen, weil er bei Wahlen erfolgreich in der CDU-Stammklientel wilderte - den Landwirten.

Nach dem Rücktritt in Berlin mischte Funke weiter in der Lokalpolitik mit, duldete keinen Widerspruch und überwarf sich am Ende mit den Genossen in seinem Heimatort Varel. Als dann 2005 gegen seinen Willen Gerd-Christian Wagner als SPD-Bürgermeisterkandidat aufgestellt wurde, begann parteiinterner Hader, der den Verlust der Mehrheit im Stadtrat bedeutete. Die Fraktion schrumpfte, am Ende wurde Funke als Ratsvorsitzender abgewählt. So kam ein Christdemokrat zu dieser Position.

Wohl nicht zufällig war das die Zeit, in der auch die "Silberhochzeitsaffäre" öffentlich wurde. Funke zog sich aus der Politik zurück, die Genossen atmeten auf, doch schon bald war Funke wieder da. Er gründete eine eigene Wählergemeinschaft unter dem Namen "Zukunft Varel", sammelte Anhänger, machte Wahlkampf. Die SPD reagierte prompt, löschte seine Mitgliedschaft nach über 40 Jahren und wurde ihn dennoch nicht wirklich los. Seit der Kommunalwahl im vergangenen September sitzt Funke im Stadtparlament von Varel wie im Kreistag von Friesland. Und morgen nun auch auf der Anklagebank in Oldenburg. Ob er dort kleinlaut auftritt oder eben wie immer, ist eine spannende Frage. Gerechnet wird mit einem bis auf den letzten Platz gefüllten Gerichtssaal.