Untersuchungsausschuss befragt Experten. Klinik bestätigt Eltern-Vorwürfe

Bremen. Der Parlamentsausschuss zur Aufarbeitung der Todesumstände dreier Frühgeborener hat gestern in seiner ersten öffentlichen Sitzung mit der Befragung von Zeugen und Sachverständigen begonnen. Egbert Herding, Direktor der Kinder- und Jugendklinik des Lübecker Universitätsklinikums, gab dem Gremium Auskunft über Hygienestandards bei der Frühchen-Versorgung und dem Keimschutz in Krankenhäusern.

Der Ausschuss soll vor allem klären, wie es zu der Infektionswelle kam, wer dafür verantwortlich ist und welche Konsequenzen zu ziehen sind. Seit April 2011 waren in der Bremer Prof.-Hess-Kinderklinik insgesamt 25 Frühchen mit dem Klebsiella-Darmkeim in Berührung gekommen.

Drei von ihnen waren daran gestorben, unter ihnen die kleine Enna, deren Eltern nun schwere Vorwürfe gegen die Klinik erheben. Ennas Vater sagte dem "Focus", die Ärzte hätten seine Tochter nie aufnehmen dürfen. Enna war am 9. Oktober mit ihrem Zwillingsbruder Kalle in Cuxhaven per Notkaiserschnitt zur Welt gekommen und umgehend in die Bremer Spezialstation gebracht worden. Am 16. Oktober starb das Mädchen. Kurz darauf befiel der Keim auch den Jungen, der wahrscheinlich behindert bleiben wird.

Die Sprecherin des Klinikverbundes Gesundheit Nord, Karen Matiszick, hat die Vorwürfe der Eltern teilweise bestätigt. Der Keimbefall habe zur Zeit der Einlieferung "als unter Kontrolle" gegolten, dies habe sich später als falsch erwiesen. Der damalige Klinikchef Hans-Iko Huppertz war im November fristlos entlassen worden. Die Station wird zurzeit gemäß einem Zehn-Punkte-Plan für bessere Hygiene überarbeitet und soll im Januar wieder öffnen.

Der Untersuchungsausschuss will bis Ende März 2012 wöchentlich Zeugen befragen. Die Ausschussvorsitzende Antje Grotheer (SPD) sagte dem Abendblatt, die Namen der Vorzuladenden würden erst im Januar bekannt gegeben. Hauptaufgabe des Untersuchungsausschusses sei es nun "sicherzustellen, dass so etwas nicht wieder vorkommt".