Im nahen Dänemark wird zum Fest der heidnische Brauch der Nisser-Figuren gepflegt

Flensburg. "Der Nikolaus ist nie gekommen." Die Dänen kennen ihn nicht, auch zu Karin Johannsen-Bojsen kommt er nicht. Die Schriftstellerin, ehemalige ZDF-Fernsehrätin und pensionierte Lehrerin, gehört zur dänischen Minderheit in Flensburg, studierte in Dänemark und pflegt heute noch Freundschaften im Königreich, das direkt hinter Flensburg beginnt. Sie kennt sich aus mit den Weihnachtsbräuchen der nördlichen Nachbarn, die das größte Fest des Jahres weniger feierlich als die Deutschen, aber fröhlicher begehen, beispielsweise mit ausgelassenen Tänzen um den Weihnachtsbaum.

Während der Nikolaus als katholischer Heiliger gar nicht auftaucht - ebenso wie das Christkind -, dürfen "Nisser" nicht fehlen: kleine Wichtel, die dem Aberglauben nach für Glück oder Unglück im Haus sorgen. "Die Nisser sind heidnischer Herkunft, das Christentum kam spät nach Dänemark", erklärt Johannsen-Bojsen. Um sich das Wohlwollen der Zwerge zu sichern, ist es ratsam, einen Reisbrei auf den Heuboden zu stellen. "Dann sind die Kinder an Heiligabend gespannt - haben die Nisser den Brei gegessen?"

Da heidnischen Ursprungs, sind Nisser-Figuren bei manchen Pastoren ungern gesehen. "Wenn die Gemeinde sich um den Baum in der Mitte eines Saals oder in der Kirche versammelt und tanzt, verbieten manche die Nisser", erzählt die 75-Jährige.

Meist tauchen die Wichtel in roter Kleidung auf, wie überhaupt Rot und Weiß die vorherrschenden Farben beim dänischen Weihnachtsschmuck sind - kein Wunder, es sind die Farben, die sich auch in der Nationalflagge, dem Dannebrog, wiederfinden. Nach Kriegen um Schleswig-Holstein Mitte des 19. Jahrhunderts kam der Dannebrog als Weihnachtsschmuck, etwa als Kette, immer mehr in Mode, erzählt Johannsen-Bojsen. Während das inzwischen "fast total zurückgegangen" sei, seien geflochtene Herzen und Sterne aus rot-weißem Papier - oder Stroh, als Erinnerung an den früheren Agrarstaat - immer noch in Mode. Dennoch ändern sich die Bräuche: Früher übernahm man auch etwas von Deutschland, wie den Tannenbaum. Heute haben Großbritannien und die USA mehr Einfluss. War einst der Schweinebraten in Dänemark unverzichtbar, taucht nun aus Übersee der Truthahn auf der Festtagstafel auf. Auch der aufgehängte Strumpf für Geschenke stammt aus dem angelsächsischen Raum. Zumindest der "Julemand", der Weihnachtsmann, ist noch ein echter Däne. "Der kommt ja aus Grönland, und das gehört zu Dänemark", schmunzelt Johannsen-Bojsen.