Eggebek setzt nach Abzug der Bundeswehr auf Sonnenenergie, viele andere Orte tun sich schwer, wenn die Kaserne als Wirtschaftsfaktor entfällt.

Eggebek/Dörverden. Nach dem Abzug der Bundeswehr gehen in den Standortgemeinden nicht zwangsläufig die Lichter aus. In Schleswig-Holstein und Niedersachsen haben einige Orte wie Eggebek (Kreis Schleswig-Flensburg) den zivilen Neuanfang geschafft. Andere wie Dörverden (Kreis Verden) tun sich schwer mit der Konversion, die in strukturschwachen Regionen oft länger dauert als erhofft.

"Wir in Eggebek sind inzwischen gut davor", sagt Bürgermeister Reinhard Breidenbach und erzählt vom Schock, unter dem der kleine Ort (2500 Einwohner) zwischen Flensburg und Schleswig 2003 stand. Damals kündigte der Bund an, das Marinefliegergeschwader 2 abzuwickeln. 2005 schloss der Fliegerhorst mit 1350 Soldaten und 450 Zivilangestellten. Zurück blieben an die 100 Gebäude, Hangars und Bunker auf 408 Hektar - einer Fläche in der Größenordnung des Friedhofs in Hamburg-Ohlsdorf. "Es musste neues Gewerbe her", berichtet Breidenbach. Der geplante Energie- und Technologiepark scheiterte zunächst am Widerstand der Anwohner gegen zu viele und zu große Windkraftanlagen, steht aber mittlerweile. 2009 nahm eine Biogasanlage den Betrieb auf. Noch in diesem Jahr soll eine der weltweit größten Fotovoltaikanlagen (129 Hektar) ans Netz gehen. Auf dem Gelände haben sich zudem an die 60 Firmen angesiedelt. Sie bauen Lieferwagen um, produzieren, reparieren oder lagern in alten Flugzeughallen Getriebe und Flügel von Windrotoren. Genutzt wird auch die Start- und Landebahn - als Verkehrsübungsplatz vom ADAC oder für das Fahrtraining der Spezialeinsatzkräfte der Polizei.

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Vater des Erfolgs ist ein Flensburger Spediteur, dessen Gewerbepark Carstensen GmbH (GPC) das gesamte Militärareal übernommen hat und nach weiteren Firmen Ausschau hält. Der Gewerbepark ist erst zu etwa 40 Prozent belegt. Eggebek selbst kam beim Truppenabzug mit einem blauen Auge davon. Bäcker, Schlachter und kleine Läden hätten zwar Umsatzeinbußen gehabt, berichtet der Bürgermeister, den großen Einbruch habe es aber nicht gegeben. Grund: Viele Marineflieger leben weiter in Eggebek, wechselten zur Luftwaffe nach Jagel oder zum Transportgeschwader nach Hohn bei Rendsburg. Das Geschwader steht auf der am Mittwoch veröffentlichten aktuellen Streichliste des Bundesverteidigungsministeriums.

In Schleswig-Holstein gilt Eggebek als Vorzeigeprojekt. Viele andere Orte, selbst Städte, sind auch Jahre nach dem Abzug der Bundeswehr noch nicht richtig durchgestartet. In Schleswig lässt der geplante neue Stadtteil mit First-Class-Hotel und Wellness-Oase auf sich warten, in Neumünster sind in einer ehemaligen Kaserne vorerst Asylbewerber untergebracht. Die Bilanz des schleswig-holsteinischen Konversionsbüros, das im Wirtschaftsministerium untergebracht ist, ist durchwachsen. Lösungen fanden sich bisher für gut 20 Standorte, jedoch keine für 25 Gemeinden.

Zu den Problemfällen in Niedersachsen gehört Dörverden. Knapp 5000 Einwohner hat der Ort, dazu kamen bis zu 4000 Mann in der Niedersachsen-Kaserne. 2003 wurde die Panzertruppe ersatzlos abgezogen, das 80 Hektar große Kasernengelände ist noch heute wie eine Wunde im Ortsbild, heruntergekommene Gebäudekomplexe mit eingeworfenen Fenstern, leckenden Dächern und glücklicherweise ganz viel Gras und Büschen, die alles langsam überwuchern. "Da sieht man, wie schnell die Natur die Oberhand gewinnt", sagt Dörverdens Bürgermeisterin Karin Meyer nachdenklich.

Damals stand die Gemeinde vor dem Nichts, aber es gab noch Konversionsmittel. Mehrere Hunderttausend Euro Bundesmittel steckte der Ort in hochfliegende Pläne eines Investors, letztlich wurde nichts realisiert.

"Wir sind jetzt dabei, die Nachnutzung anzuschieben", so Meyer. Immerhin: Ein großer Unternehmer, der in Dörverden lebt, hat 30 Hektar samt Gleisanschluss übernommen, wird dort seine Spezialzüge für den Gleisbau warten. Die anderen 50 Hektar hat inzwischen die Gemeinde gekauft, ist im Gespräch mit möglichen Investoren. Eines der vielen Probleme: Wer muss für mögliche Umweltbelastungen auf dem ehemaligen Truppengelände aufkommen? Dort stand ganz früher eine Munitionsfabrik. Es ist, seufzt die Bürgermeisterin, "ein ganz langwieriger Prozess". Resignieren aber will sie nicht: "Wir sind auf einem guten Weg, aber es geht nur Stückchen für Stückchen."