Der Ladeninhaber soll Vermieterin getäuscht und 200.000 Euro für Auszug gefordert haben. Schon die HSH Nordbank bezahlte für die Räumung.

Glinde. Rechtsradikale, die zum Shopping anreisen, vermummte Demonstranten, Flaschenwürfe, gewalttätige Auseinandersetzungen: Das ist das Szenario, vor dem sich Bürger in Glinde fürchten. Am Freitag hatte in der 17.000 Einwohner zählenden Kleinstadt südöstlich von Hamburg ein Modegeschäft eröffnet, das seither für Unmut sorgt.

"Tønsberg" vertreibt die in der rechten Szene beliebte Bekleidungsmarke "Thor Steinar". Die Vermieterin der Ladenfläche an der Möllner Landstraße 31, Margarita Herbst, bestätigte dem Abendblatt, dass ihr der Betreiber des Geschäfts ein "unverschämtes Angebot" gemacht habe. Wenn sie 200.000 Euro zahle, so sei ihr vorgeschlagen worden, werde das Geschäft ohne langwierigen Rechtsstreit wieder schließen. "Auf dieses Angebot gehe ich auf gar keinen Fall ein. Ich werde solchen Leuten keinen Cent hinterherwerfen", sagt die Glinderin, die seit 40 Jahren 13 Geschäfte in der Stadt vermietet.

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Auszug gegen Bares: ein neues Geschäftsgebaren der Ladenkette, hinter der die MediaTex-GmbH aus dem brandenburgischen Mittenwalde steckt? Julian Barlen, Szenekenner und einer der Väter der Satire-Figur "Storch Heinar", kritisiert die vermutlich neue Masche als "besonders perfide". "Für die Leute ist das natürlich leicht verdientes Geld, wenn die Vermieter darauf eingehen", sagt Barlen. Gerüchte, dass hohe Auszugsprämien gefordert und gezahlt würden, gebe es immer wieder. Auch vor der Schließung der Brevik-Filiale in Hamburg solle möglicherweise eine sechsstellige Summe geflossen sein. Bestätigt, so Barlen, sei dies aber nicht. Die HSH Nordbank, damals Vermieterin der Ladenfläche, hatte eine Schweigevereinbarung mit den Betreibern geschlossen, nachdem diese ihre "Thor Steinar"-Kleidung wieder aus den Regalen geräumt hatten. HSH-Sprecher Christian Buchholz: "Über die vereinbarte Summe sagen wir nichts."

Einer der Verantwortlichen hatte jedoch gesagt, es habe sich gelohnt, sonst wäre das Geschäft nicht geschlossen worden. Der Geschäftsführer des Glinder "Tønsberg"-Ladens, Thomas P. aus Nauen (Brandenburg), wollte sich gestern gegenüber dem Abendblatt nicht äußern. Er brach das Telefonat wort- und grußlos ab. Die Glinder Vermieterin Margarita Herbst hat sich derweil einen szenekundigen Rechtsbeistand gesucht. Seit Kurzem beschäftigt sich der Anwalt Christian Verstege mit dem Fall. Der Jurist hatte im vergangenen Jahr einen Berliner Hausbesitzer vertreten und vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe mit seiner Räumungsklage gegen einen "Thor Steinar"-Mann Erfolg gehabt. Außer dem Berliner Geschäft musste auch ein Leipziger Bekleidungsladen schließen, denn laut BGH-Urteil müssen Mieter von Gewerberäumen auch ohne Nachfrage "außergewöhnliche Umstände" mitteilen, die für den Vermieter "offensichtlich von erheblicher Bedeutung sind". Ob und wie aus dem Mietvertrag hervorgeht, dass die Marke dort vertrieben werden soll, wollte Verstege nicht sagen. "Die Leute haben aus dem Urteil gelernt", erklärt er nur. Jedoch sei seine Mandantin sicher, dass vor Vertragsabschluss verheimlicht wurde, dass die Marke "Thor Steinar" angeboten werde. "Ich habe noch binnen 24 Stunden nach Abschluss den Mietvertrag gekündigt. Ich bin arglistig getäuscht worden", sagte Herbst. Verstege bereitet derzeit eine Räumungsklage vor.

Julian Barlen sagt, man könne jetzt nur noch hoffen, dass auf juristischer Seite Fehler gemacht wurden. Glindes Bürgermeister Rainhard Zug hat bereits Kontakt zu ihm aufgenommen. "In Rostock ist nach der Eröffnung eines solchen Ladens ein starkes Bündnis entstanden", sagt Zug. Barlen sagt: "Sehr gut möglich, dass ,Storch Heinar' demnächst in Glinde landet." Er lobt das Engagement der Stadt Glinde, der Vereine und Parteien. "Es wird sehr offen damit umgegangen. Das ist leider nicht immer so." Heute treffen sich Parteien und Verbände, um konkrete Protestaktionen zu planen.