Kitesurfen ist ein Hobby für jedes Alter. Bei der Kitesurf-WM sind die Sportler zwischen 13 und 63 Jahre alt. Detlef Teichmann ist der Oldie dees Feldes.

St. Peter-Ording. Mit seinem weißen Vollbart ist Detlef Teichmann eine auffällige Erscheinung im Lager der Kitesurfer: Am 15. Juli feierte der Wahlmünchner seinen 63. Geburtstag während des World-Cups in St. Peter-Ording. "Ich könnte der Großvater vieler Teilnehmer sein", sagt der Rentner lachend. Doch Teichmann kam nicht zum Feiern nach Schleswig-Holstein, sondern um sich mit den besten Kitesurfern der Welt zu messen. Es ist bereits die fünfte WM des "Surf-Opas". Der jüngste Teilnehmer ist der 13-jährige Engländer Oli Bridge.

"Kitesurfing is my passion", verkündet Teichmann selbstbewusst auf seiner Homepage. Dabei ist diese Leidenschaft erst vor Kurzem entfacht worden: Seine Frau Monika-Bettina hatte ihm zur Silberhochzeit einen Kitesurf-Kurs geschenkt: "Im Januar 2000 begann ich mit dem Unterricht." Sieben Jahre später startete er bei einer Weltmeisterschaft. "Nicht beim Freestyle, die Disziplin mit den Kunststückchen ist eher etwas für die jungen, durchtrainierten Kerle und Mädels", sagt er. Doch beim Course-Race - einem Dreiecks-Rennen, bei dem es um Taktik und Geschwindigkeit geht - sah der promovierte Luft- und Raumfahrt-Ingenieur eine reelle Chance. "Da konnte ich auf meinen Segelerfahrungen (unter anderem deutscher Meister 1975, 1979 und 1980) aufbauen ", erzählt er. Tatsächlich musste sich Teichmann mit seinem Können nicht verstecken: Sein bestes Ergebnis gegen die erheblich jüngere Kitesurf-Elite war ein 16. Platz im Jahr 2007, bei seinem Debüt.

"Jetzt ist es so professionell geworden, dass ich keine Chance mehr habe, vorne mitzufahren." Teichmann hat nicht einmal ein eigenes "Board" - so heißt das Surfbrett: "Ich muss mir eins leihen." Die Grundausstattung fürs Kitesurfen kostet rund 1250 Euro: ein Board ab ca. 350 Euro sowie ein als Kite bezeichneter Lenkdrachen ab 700 Euro, der mittels 20 bis 30 Meter langen Leinen mit einer Bar (ab 150 Euro) genannten Stange gelenkt wird, sowie ein Trapez zum Umschnallen, an das man die Bar und somit den Kite hängen kann (ab 50 Euro).

Doch solch "simple" Ausrüstung reicht nicht für einen Surfprofi. "Kitesurfen ist zu einer Materialschlacht geworden", sagt Kristin Boese aus Potsdam. Nur mit bestem Material konnten Kitesurfer Rekorde schaffen wie Rob Douglas, der 2010 mit 103 km/h vor Namibia der weltschnellste Segler wurde, oder Eric Gramond, der 2008 in nur 24 Stunden von Fortaleza ins 420 Kilometer entfernte Parnaíba (beides Brasilien) kitete, oder Jesse Richman, der im Jahr 2007 ganze 22 Sekunden lang durch die Luft "segelte ". Kristin Boeses persönlicher Hangtime-Rekord sind 9,4 Sekunden, die sie durch die Luft flog.

Die 33-Jährige gilt mit neun WM-Titeln als erfolgreichste Kitesurferin der Welt. Sie beherrscht mehr als 30 unterschiedliche Sprünge und Drehungen. Doch Können allein reicht nicht, um international konkurrenzfähig zu sein, erklärt sie: "Je schwächer der Wind bläst, desto mehr entscheiden die Qualität von Board und Finnen über Sieg und Niederlage." Ein Board der Spitzenklasse kostet 1700 Dollar (1172 Euro) plus immer wieder neue Finnen für bis zu 350 Dollar (240 Euro) das Stück, erzählt sie.

Das ist viel Geld für Profi-Kiter, denn seit der Weltwirtschaftskrise sind ihnen die Sponsoren abhandengekommen. Boese zum Beispiel verlor zwei Geldgeber, und der Hauptsponsor halbierte ihr monatliches Salär. Sie müsse daher wieder wie zu Beginn ihrer Karriere "von der Hand in den Mund" leben, sagt sie.

Auch deshalb kämpft Kristin Boese um die Aufnahme des Kitesurfens als Disziplin bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro. Dann würden die Fernsehsender mit ihren Übertragungen die Beliebtheit des Trendsports weiter steigern und entsprechend für bessere Sponsorenverträge sorgen. Das würde auch Mario Rodwald zugutekommen. Der 20-Jährige ist nach seinem Abitur 2010 ins Profilager gewechselt. Er erreichte bei den Herren als einziger Deutscher das Viertelfinale und schied dort erst am Sonnabend aus. Im Gesamtklassement belegte er wie im vergangenen Jahr den neunten Platz.

Sein Vater Roy (52) kämpft ebenfalls beim Beetle Kitesurf World Cup um Titel und die Preisgelder von insgesamt 52 000 Euro. "Das ist cool, denn es gibt viele Sachen um das Kiten herum, die mein Papa mir abnehmen kann", erzählt er. Und das gilt natürlich auch umgekehrt: Vater und Sohn helfen einander beim Aufbau der Schirme oder spähen aus, wo die Schwächen der Gegner liegen. "Das sind viele kleine Vorteile, die sich summieren und schließlich zu einem Heimvorteil führen", sagt Mario Rodwald.