Umweltschützer vom BUND wollen zwar klagen, zeigen sich aber gesprächsbereit. Als Vorbild gilt die Schelde-Ausbaggerung in Antwerpen.

Cuxhaven. Im jahrelangen Tauziehen um die umstrittene Elbvertiefung signalisiert die Umweltorganisation BUND erstmals die Möglichkeit eines Kompromisses - allerdings erst im Falle einer gerichtlichen Klärung. "Nach derzeitigem Stand halten wir die Vertiefung der Elbe ökologisch nicht für vertretbar, bei einem Rechtsstreit wären wir aber gesprächsbereit", sagte der Hamburger BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. Wie eine mögliche Alternative zu den derzeitigen Vertiefungsplänen aussehen könnte, stellte der BUND gestern vor. Anlass ist das Planfeststellungsverfahren, das mittlerweile nach vielen Änderungen bereits fünf Jahre andauert. Der lange Zeitraum zeige, dass das Planwerk ein "Trümmerhaufen" sei und vor Gericht kaum Bestand haben werde, so Braasch. Er warf den Planern unter anderem vor, viele Kritikpunkte der Vertiefungsgegner in ihren Antragsunterlagen nicht ausreichend dargestellt zu haben. Beispielsweise sei eine "ganz wesentliche Alternative" gar nicht geprüft worden, kritisiert die Umweltorganisation. So hätte eine ausschließliche Baggerung von 1,55 Millionen Tonnen Sand im Mündungsbereich bei Cuxhaven ausgereicht, um schon eine wesentliche Verbesserung für die Schifffahrt zu erreichen. Die Beeinträchtigung von Natur und Umwelt wäre aber deutlich geringer, als bei der derzeitigen Planung, bei der gut 40 Millionen Tonnen gebaggert werden müssten. In diesem Zusammenhang verwies BUND-Geschäftsführer Braasch auf das Beispiel des Hamburger Konkurrenzhafens Antwerpen. Dort wurde vor wenigen Monaten nach einem Kompromiss zwischen Naturverbänden und Hafenwirtschaft eine abgespeckte Variante für die Vertiefung der Schelde realisiert. In Belgien können große Frachter nun mit einem Tiefgang von bis zu 13,10 Metern den mit der Elbe vergleichbaren Fluss unabhängig von der Tide befahren.

Für die Elbe wollen die Vertiefungsplaner von der Bundesschifffahrtsverwaltung und der Hamburg Port Authority (HPA) hingegen erreichen, dass Schiffe mit Tiefgängen von 13,50 Meter unabhängig vom Wasserstand durch Ebbe und Flut den Fluss befahren können. Dabei gilt: Mehr Tiefgang bedeutet mehr Container, die ein Frachter transportieren kann. Mit der Elbvertiefung könnten Schiffe künftig auf dem Strom bis zu 1000 Container mehr tragen, rechnet die Hamburger Wirtschaftsbehörde vor und verspricht dadurch die Sicherung von Wirtschaftskraft und Arbeitsplätzen im Hafen. "Diese Planung ist daher alternativlos", so eine Behördensprecherin.

Wie berichtet, arbeitet derzeit die EU-Kommission in Brüssel an einer Stellungnahme zu der Elbvertiefung, weil dabei auch durch EU-Recht besonders geschützte Pflanzen betroffen sind. So zum Beispiel der Schierlingswasserfenchel, der weltweit nur noch im Unterelberaum wächst. Zwar kann die EU-Kommission das 400-Millionen-Projekt nicht untersagen, eine negative Stellungnahme dürfte aber bei einem möglichen Rechtsstreit bedeutsam sein und als Argument gegen die Vertiefung gelten. Zumal die Planung bisher tatsächlich mehrfach nachgebessert werden musste. Derzeit liegt bereits die dritte Planänderung vor. Zudem meldet Hamburg immer neue Areale als Ausgleichsflächen an - offensichtlich, um Naturschutzbedenken der EU zu zerstreuen.

Aktuell rechnet die Wirtschaftsbehörde in Hamburg damit, dass die Stellungnahme aus Brüssel bis Mitte September vorliegt. Anschließend wird es aller Voraussicht nach zu Verhandlungen mit Niedersachsen um das notwendige Einvernehmen zu der Vertiefung kommen Dabei wird es - wie berichtet - vor allem um eine mögliche Verlagerung der Salzzone gehen. Obstbauern und auch Industrie in Niedersachsen fürchten eine Versalzung des Elbwassers, das sie für ihre Produktionen (etwa zur Beregnung) nutzen. Am Ende, so die Hoffung, stehen ein formeller Planfeststellungsbeschluss und Anfang 2012 der Start der Baggerarbeiten. Allerdings haben die Naturschutzverbände angekündigt, dass sie aller Voraussicht nach dagegen klagen werden. Anders als bei den jahrelangen Auseinandersetzungen um die Airbus-Landebahn wird der Fall aufgrund einer Gesetzesänderung aber gleich vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt. Und dort dürfte es dann zunächst um einen Baustopp - oder auch um einen möglichen Kompromiss gehen.