Was SHMF-Chef Rolf Beck und Elbphilharmonie-Intendant Christoph Lieben-Seutter mit Hamburg verbindet. Eine Verhaltensanalyse.

Hamburg. Alle Sommer wieder darf man in dieser Region klassisches Sommertheater vom Feinsten bestaunen. In diesem Jahr übernahm Elbphilharmonie-Chef Christoph Lieben-Seutter in leider schon bewährter Manier den Saison-Auftakt - mit Orakeln über das x-te Verschieben der Eröffnung. Der Mann ist gebürtiger Wiener, also ist die Wahrscheinlichkeit, dass einem Gerüchtsgeschulten wie ihm die Jahreszahl 2015 versehentlich herausrutscht, eher klein. Auf diese Vorlage folgte ein Klage-Konter der Stadt Hamburg gegen ihre Vertragspartner. Auch dieses Vorgehen ist nicht neu.

Danach: Solo-Auftritt Rolf Beck. Beck ist SHMF-Chef und ebenso beim NDR, dessen Orchester in der Elbphilharmonie eine der ersten Geigen spielen soll. Pünktlich zur SHMF-Eröffnung warnte Beck die Kieler Landesregierung, dass Kürzungen seiner Subventionen existenzbedrohend seien. Er sagte eigentlich nichts, was er nicht auch schon 2010 gemenetekelt hatte. Prägendes, wie die Nachwuchs-Akademien aus Geldmangel zu streichen, das werde unter seiner Leitung nicht passieren, zitierten ihn die "Lübecker Nachrichten". Und zitierten gleich auch noch den CDU-Finanzminister Rainer Wiegard, der zurückblaffte: "Eine typische Form der Auseinandersetzung, wie Beck sie leider immer wieder sucht." Kaum war dieser Artikel erschienen, dementierte Beck aufs Vehementeste, diese Drohungen beim Telefon-Interview auch nur ansatzweise so gemeint zu haben.

Akt drei: Beck antwortet in der "Welt am Sonntag" auf die Frage, wie sich Lieben-Seutters Hamburger Wirken - er macht im Sommer nichts als Pause - auf das Sommerfestival SHMF auswirkt, mit einer weiteren Attacke aus heiterem Himmel: "Es ist eine völlig unnormale Situation, dass es hoch subventionierte Konzerte für einen Konzertsaal gibt, der noch gar nicht existiert. Der Markt ist damit auch für uns enger und schwieriger geworden."

Warum das alles, wieso dieses Hauen und Stechen?

Ein Blick in den Kalender und auf die Landkarte hilft. Becks SHMF-Vertrag endet 2013, der von Lieben-Seutter 2015, dem bislang spekulierten Jahr der Elbpilharmonie-Eröffnung. Sein früherer SHMF-Kronprinz, Christian Kuhnt, ist Beck schon vor Jahren abhandengekommen, er leitet inzwischen die privatwirtschaftliche Konzertagentur Dr. Goette in Hamburg und profiliert sich dort als Widersacher zu Lieben-Seutter. Obwohl er zwischenzeitlich in dessen Laeiszhalle für eben jenen frischen Wind in den hauseigenen Programmen gesorgt hatte, über den er sich heute aufregt.

Sollte der gefrustete Prachtbau-Herr, der sich immer wieder weiter gedulden muss, doch noch verlängern wollen, müsste man das etwa 2012 durchdiskutieren, um wenigstens bei diesem Aspekt im Terminplan und handlungsfähig zu bleiben. Und sollte Lieben-Seutter nicht mehr wollen oder können, wer stünde dann offensichtlich sehr gern in Hamburg, dem Sitz des NDR-Sinfonieorchesters, zum Gefragtwerden und Retten bereit? Dort, wo es immer noch viel mehr Spielgeld gibt als im dramatisch klammen Schleswig-Holstein? Wo es viele schön Sponsoren gibt, die man eh schon kennt und für sich gewonnen hat? Genau.

Sie wolle keine Spielchen mehr, erklärte Hamburgs Kultursenatorin Barbara Kisseler. Den Wunsch wird man ihr so schnell nicht erfüllen. Hinter den Droh-Kulissen des Themas Elbphilharmonie haben die Machtspielchen gerade wieder Fahrt aufgenommen.