Gerade im Norden sind Gleisbauer knapp und begehrt. Einkommen bis zu 2700 Euro möglich. Berufsfortbildungswerk legt Kurse auf.

Hamburg. Mehr als 20 Jahre war Michael von Rekowski als Hausmeister unterwegs. Für seinen Arbeitgeber betreute er Gebäude in Hamburg und Niedersachsen, bis er plötzlich nach einer Umstrukturierung entlassen wurde. Von Rekowski schrieb Bewerbungen, es kamen nur Absagen. Die Familie mit drei Kindern musste mit 500 Euro weniger im Monat auskommen. "Trotz meiner 42 Jahre fühlte ich mich schon abgeschoben", sagt der Familienvater. Das ist vorbei. Denn nach einer Schulung im Gleisbau hat von Rekowski nicht nur eine Festanstellung sicher, sondern auch Perspektiven im Beruf.

Denn gerade im Norden sind Gleisbauer knapp und daher hoch begehrt. Die harte körperliche Arbeit auch bei schlechter Witterung und häufige Einsätze an Wochenenden oder nachts, wenn weniger Züge unterwegs sind, schrecken potenzielle Bewerber offenbar ab. Allein in der Metropolregion Hamburg werden derzeit mehr als 200 qualifizierte Bewerber gesucht, ergab eine Umfrage der Arbeitsagentur und des Berufsfortbildungswerks (bfw), das zum Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) zählt. Die Hamburger Hochbahn bestätigt den Trend. "Trotz unseres guten Rufes wird es immer schwieriger, unsere Ausbildungsplätze zu besetzen", sagt Sprecher Christoph Kreienbaum.

Mit allein vier weiteren Kursen für "Fachhelfer im Gleisbau" in diesem Jahr wollen die Arbeitsagentur und das bfw die Lücken jetzt schließen. Mit den Lehrgängen über zweieinhalb Monate sollen Arbeitslose rasch wieder in einen Job gebracht werden. "Wir haben uns das Konzept zertifizieren lassen und die Ausbilder dafür ausgesucht", sagt die Leiterin der Hamburger bfw-Geschäftsstelle, Heike Langmaack. Einer von ihnen ist Siegfried Hedder, ehemals Bahn-Ausbildungsleiter für Tief- und Gleisbau in Harburg, der sich 1992 selbstständig gemacht hat. "Vor allem Baufirmen, die für die Bahn 70 Prozent aller Arbeiten erledigen, suchen Kräfte, weil die Lehrlinge der Bahn fast ausnahmslos dortbleiben", sagt Hedder.

Für die Arbeitsagentur rechnet sich die komplette Förderung der Kursteilnehmer mit jeweils 5000 Euro, weil die Teilnehmer gezielt wieder in eine Anstellung gebracht werden. "Wir werden in diesem Jahr 17 500 Menschen für von den Firmen nachgefragte Kenntnisse qualifizieren und wie im Vorjahr erneut 38 Millionen Euro bereitstellen", sagt der Hamburger Agentur-Chef Rolf Steil. Voraussetzung für die Ausbildung ist jedoch, dass Arbeitgeber eine verbindliche Einstellungszusage geben.

Die stammt für die acht Absolventen um von Rekowski von der Firma Willke rail construction aus Wittorf bei Lüneburg. "Wir stellen die neuen Mitarbeiter ein, voraussichtlicher Termin ist der 1. April", sagte Geschäftsführer Moritz Willke dem Abendblatt. Der Firmenchef, der mehr als 80 Gleisbauer beschäftigt, ist froh, auf die ausgebildeten Kräfte zurückgreifen zu können. "Aufgrund des Mangels an Fachkräften müssen wir sonst oft auch Ungelernte einstellen." Auch künftig könne er sich vorstellen, vom bfw ausgebildete Mitarbeiter zu übernehmen. "Der Bedarf ist da." Hintergrund: Allein in Norddeutschland will die Bahn bis Ende 2013 rund 2,7 Milliarden Euro in die Infrastruktur investieren, wie ein Hamburger Bahnsprecher versichert. "Der Beruf des Gleisbauers hat Zukunft."

Darauf setzt auch der gelernte Maurer Ömer Baskaya, 31, der kurz entschlossen in den Kursus eingestiegen war. Durch die Winterpause im Betrieb hätte er in Kurzarbeit von Dezember an 1000 Euro weniger für seine Frau Güzel und die drei Kinder gehabt. Jetzt hofft er auf durchgehende Beschäftigung.

Zunächst starten die Helfer im Gleisbau mit Stundenlöhnen von 10,80 bis 11,20 Euro. Mit den Zuschlägen für Nacht- und Wochenendarbeit sind 14 bis 15 Euro erreichbar, hat Ausbilder Hedder errechnet. Damit kommen pro Monat bis zu 2700 Euro zusammen. Die Qualifizierung, so der Experte, sei zudem ein Sprungbrett, um Baggerfahrer für Straße und Schiene oder Maschinenführer für Umbauzüge zu werden.

"In jedem Fall bin ich jetzt besser auf die Arbeit vorbereitet", sagt Oleg Hubert, der 1993 aus Kasachstan nach Deutschland gekommen war. Zwar hatte der studierte Bergbautechniker, der in seinem Heimatland in der Kohleförderung tätig war, schon einmal zwei Jahre im Gleisbau gearbeitet. Doch mit den neuen Kenntnissen hat der 52-Jährige jetzt nicht nur bessere Chancen, es bleibt auch mehr Geld für Tochter Katharina übrig. "Die muss ich unterstützen", verrät Hubert. Katharina studiert noch, in Hamburg im 6. Semester Jura.