Derby aus Cloppenburg wagt am 4. Februar den Gang aufs Parkett. Das Unternehmen setzt besonders auf die mobile Zukunft, Elektrofahrräder.

Hamburg. Wenn Uwe Bögershausen und Mathias Seidler an einer Tankstelle vorbeikommen und der Benzinpreis wieder einmal die letzte Rekordmarke geknackt hat, fühlen sie sich in ihrer Geschäftsidee bestätigt: Sie setzen auf Fahrräder als das umweltfreundliche und kostensparende Mobil der Zukunft, das nebenbei noch in den Trend eines gesundheitsbewussten Lebens passt. Mit ihren größtenteils in Deutschland hergestellten Fahrrädern und Elektro-Bikes wollen die beiden studierten Ökonomen jetzt an die Börse gehen und damit Millionen für die Expansion ihrer Firma Derby aus Cloppenburg einsammeln.

Der nach eigenen Angaben bundesweit umsatzstärkste Fahrradhersteller mit Marken wie Kalkhoff, Rixe, Raleigh, Focus und Univega visiert den 4. Februar als ersten Tag an der Börse in Frankfurt an, wo Bögershausen und Seidler gestern schon einmal vor Analysten und Presse für ihre Firma warben und auf reges Interesse stießen: Immerhin wagen sie den ersten größeren Börsengang des Jahres.

Anleger können die Papiere für 11,50 bis 15,50 Euro zeichnen. Gestern begann die Zeichnungsfrist, die bis zum 2. Februar läuft. Bleibt die Stimmung am Markt positiv, könnten Derby 100 Millionen Euro zufließen.

Mit einem Großteil der Einnahmen wird der bisherige Hauptanteilseigner, die Frankfurter Beteiligungsgesellschaft Finatem, ausgezahlt. In Zukunft wird Derby Cycle dann zu gut 90 Prozent in Streubesitz sein, damit unabhängig agieren können und relativ sicher vor Übernahmen sein.

Die Geldspritze wollen die Cloppenburger aber auch nutzen, um ihre führende Position bei den Fahrrädern der Zukunft auszubauen. "Vor allem der Markt für Elektrofahrräder der Bauart Pedelec, bei der das Treten von einem Elektromotor unterstützt wird, steht vor einer großen Expansion", sagte Mathias Seidler. Die Entwicklung von Elektrofahrrädern wird bei Derby daher einen großen Teil des Kapitals binden, sodass die Firma auch erst in ein, zwei Jahren eine Dividende zahlen wolle. Die Startposition von Derby ist nicht schlecht: Das Unternehmen, das 1919 mit der Fahrradproduktion begann, ist nach eigener Angabe bereits heute Marktführer bei E-Bikes in Deutschland. Von geschätzt in diesem Jahr verkauften 200 000 E-Rädern kämen 41 000 von Derby. Bis 2018 könne sich der Umsatz mit Elektrorädern verdreifachen.

Die zweite Wachstumsfantasie der Niedersachsen liegt in der Internationalisierung. Derby will künftig mehr Mountainbikes, Rennräder und Straßenfahrräder im Ausland verkaufen. Dafür will der Hersteller auch andere Firmen schlucken - eine Strategie, die der niederländische Konkurrent Accell schon verfolgt. Der börsennotierte Rivale aus Heerenveen verkaufte im ersten Halbjahr 2010 weltweit rund 580 000 Fahrräder; Derby kam im Geschäftsjahr 2009/2010 auf 430 000 Zweiräder. In diesem Zeitraum erwirtschaftete die Firma einen Umsatz von 173 Millionen Euro, davon 72,6 Prozent in Deutschland, und erzielte einen Gewinn von zwölf Millionen Euro.

Bei der Produktion arbeitet Derby Cycle wie die meisten deutschen Hersteller: Ähnlich wie Panther aus Löhne, Cycle Union aus Oldenburg oder die nordrhein-westfälische Kettler führt Derby den Rahmen aus Asien ein, kauft Komponenten zu und montiert die Räder in der eigenen Fabrik zusammen; bei Derby arbeiten die Monteure am Hauptsitz Cloppenburg, wo insgesamt 550 Mitarbeiter beschäftigt sind. Die Lieferung fertiger Fahrräder aus Asien ist die Ausnahme, erhebt die EU doch hohe Importzölle auf Räder. Sogar der weltgrößte Fahrradanbieter Giant aus Taiwan lässt wegen dieser Zollpolitik in Europa produzieren.

Derby ist derzeit längst nicht der einzige Börsenkandidat: Experten rechnen damit, dass sich die Zahl der Neulinge am Kapitalmarkt 2011 gegenüber dem Vorjahr verdreifachen könnte. Darunter sind die in Hamburg mit Spannung erwarteten Börsengänge der Reederei Hapag-Lloyd und der Beteiligungsgesellschaft Hochtief Concessions, Minderheitsgesellschafter des Airports Hamburg. Als weitere Kandidaten gelten der Unterwäschehersteller Schiesser, der Armaturenbauer Grohe und das Outdoor-Unternehmen Jack Wolfskin.