SPD, Grüne und SSW fühlen sich an Barschel-Zeiten erinnert

Kiel. Der Wahlkampf in Schleswig-Holstein wird ruppiger. Gestern musste die CDU ein Flugblatt korrigieren, das sich gegen eine Dänen-Ampel (SPD, Grüne, SSW) richtet und eine Position des Südschleswigschen Wählerverbands falsch wiedergibt. "Ich habe mich dafür beim SSW entschuldigt", sagte CDU-Landesgeschäftsführer Daniel Günther dem Abendblatt.

Am Vortag hatte Günther gemeinsam mit CDU-Spitzenkandidat Jost de Jager das Feuer auf den SSW verstärkt. Auf dem vorgestellten Flugblatt für den Straßenwahlkampf heißt es, eine Dänen-Ampel wäre eine "Katastrophe für Schleswig-Holstein und teuer für unser Land". Der SSW wolle deutlich mehr Geld ausgeben, etwa für "ein Taschengeld für Straftäter auf Hafturlaub".

Der SSW stellte empört klar, dass er Verbrechern keinen Urlaub bezahlen wolle. Im Wahlprogramm werde vielmehr gefordert, Untersuchungshäftlingen in Schleswig-Holstein so wie bereits in anderen Bundesländern ein Taschengeld zu gewähren. Die kleine Finanzspritze soll den U-Häftlingen, die nach Recht und Gesetz als unschuldig gelten, in die Lage versetzen, im Knast ohne kriminelle Geschäfte über die Runden zu kommen.

Das CDU-Flugblatt sei "infam", sagte SSW-Spitzenkandidatin Anke Spoorendonk und schlug den Bogen zur Barschel-Pfeiffer-Affäre vor knapp 25 Jahren. "Das letzte Mal, dass ich so was erlebt habe, war 1987." Damals waren aus der Staatskanzlei Uwe Barschels (CDU) "schmutzige Tricks" gegen den SPD-Herausforderer Björn Engholm eingesetzt worden. Die CDU wolle wohl einen "schmutzigen Wahlkampf" führen, meinte Spoorendonk.

Rückendeckung bekam der SSW von den möglichen Partnern einer Dänen-Ampel. SPD-Spitzenkandidat Torsten Albig fühlt sich durch das Flugblatt ebenfalls an die Barschel-Zeit erinnert, Grünen-Vormann Robert Habeck forderte die CDU auf, die Flugblätter einzusammeln. Am Rande der Landtagssitzung zog Günther die Notbremse. "Wir haben nicht korrekt aus dem Wahlprogramm des SSW zitiert." Das Flugblatt sei entsprechend geändert worden, gehe aber raus.

Umstritten sind weitere Passagen des Flugblatts, in denen die Positionen der Ampelparteien etwa zur Schulpolitik verkürzt dargestellt werden. Günther bestritt dies und machte klar, dass es für die Partei der dänischen Minderheit keine Sonderbehandlung gebe. "Der SSW hat sich parteipolitisch festgelegt und muss damit leben, dass er parteipolitisch angegriffen wird."

Auch bei anderen Parteien liegen die Nerven blank. Bei der SPD kritisierte Albig Parteichef Ralf Stegner, weil er sich nach der Abschiedsrede von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) im Landtag nicht rührte. "Ich hätte ihm geraten zu klatschen, aufzustehen und Carstensen Respekt für dessen Leistung zu zollen." Auch bei den Piraten geht es rund. Der Landesvorstand will nun doch prüfen, ob ein Lübecker Pirat nach umstrittenen Äußerungen über den Zentralrat der Juden ausgeschlossen werden soll.