CDU attackiert den SSW, für den keine Fünf-Prozent-Hürde gilt

Kiel. Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) will Schleswig-Holstein erstmals mitregieren. Die Partei der dänischen Minderheit (gut 50 000 Schleswig-Holsteiner) und der nationalen Friesen (etwa 10 000) sei bereit, mit SPD und Grünen eine Koalition zu bilden, sagt Spitzenkandidatin Anke Spoorendonk. Den Begriff Dänen-Ampel mag sie nicht. "Ich spreche lieber von einer rot-grün-blauen Koalition." Auf das Blau, das in Dänemark für das konservative Lager steht, war der SSW gekommen, weil diese Farbe in Deutschland politisch noch nicht besetzt ist. Normalerweise müsste der SSW, der schon mal als Dänen-KP verspottet wurde, unter roter Flagge segeln.

Die Minderheitenpartei, die 1948 gegründet wurde und damals noch für den Anschluss des Landesteils Schleswig an Dänemark eintrat, genießt einen im Bundesgebiet einzigartigen Status. Sie wurde im Zuge der Bonn-Kopenhagener-Erklärung (Minderheitenschutz) in den 50er-Jahren von der Fünf-Prozent-Klausel befreit, muss aber für ein Parlamentsmandat so viele Stimmen sammeln wie andere Parteien, in Schleswig-Holstein diesmal bei normaler Wahlbeteiligung etwa 20 000 Zweitstimmen (rund 1,5 Prozent).

Das politische Gewicht des SSW nahm mit der Einführung der Zweitstimme in Schleswig-Holstein (1997) zu. Die Regionalpartei, die zuvor nur über Direktkandidaten im Landesteil Schleswig und in Pinneberg-Nord (wegen Helgoland) wählbar war, steht seit der Landtagswahl 2000 dank der Zweitstimme (Landesliste) auch in ganz Holstein auf dem Stimmzettel. 2009 holte die Dänen-Partei dort schon mehr als ein Drittel ihrer fast 70 000 Stimmen. Diesmal wirbt der SSW stärker als jemals zuvor in Holstein, plakatiert in größeren Städten wie Norderstedt.

Durch den Sonderstatus gerät der SSW spätestens immer dann ins Schussfeld, wenn er im Kieler Landtag zum Zünglein an der Waage wird - wie nach der Affären-Wahl 1987. Damals verhinderte der SSW-Abgeordnete Karl Otto Meyer eine CDU/FDP-Regierung und wurde dafür vom damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß an den Pranger gestellt. 2005, als der SSW eine rot-grüne Minderheitsregierung tolerieren wollte, erhielt Spoorendonk sogar Morddrohungen. Derzeit nimmt die CDU die Dänen-Partei ins Visier, wirft ihr vor, sich auf die Rolle eines Mehrheitsbeschaffers für Rot-Grün zu reduzieren. Sollte der SSW (in Umfragen vier Prozent) die entscheidenden Mandate für eine Dänen-Ampel liefern, dürfte die Debatte über den Sonderstatus aufflammen. Bisher scheiterten alle Klagen - auch vor dem Bundesverfassungsgericht.